Martin Kandau: EbenHolz und ElfenBein (Buch)

Martin Kandau
EbenHolz und ElfenBein
Blue Panther Books, 2019, Taschenbuch, 238 Seiten, 9,90 EUR, ISBN 978-3-86277-359-6 (auch als eBook erhältlich)

Rezension von Irene Salzmann

„EbenHolz und ElfenBein“ ist gegenwärtig der einzige Titel aus der Feder von Martin Kandau, aber so routiniert geschrieben, dass man vermuten möchte, dass der Autor den erotischen Roman unter einem Pseudonym verfasst hat und er unter seinem oder einem anderen Namen bereits weitere Bücher in anderen Genres veröffentlicht hat.


Martin und Marion sind bereits seit einigen Jahren verheiratet und führen eine sehr glückliche, wenngleich wenig aufregende Ehe. Das ändert sich, als Marion zufällig herausfindet, dass ihr Mann ab und zu Porno-Videos anschaut. Die beiden sprechen offen über die Wirkung, die insbesondere ein Film auf sie hat und sehen ihn sogar gemeinsam an, was ihrem Sexleben neue Impulse gibt.

Allerdings sehnen sie sich nach Mehr: In dem Video befriedigt ein extrem stark gebauter Schwarzafrikaner eine weiße Frau. Der Kontrast von heller und dunkler Haut findet das Paar überaus faszinierend, ebenso den voyeuristischen Aspekt, der in Martin den Wunsch reifen lässt, Zuschauer zu sein, wenn Marion sich dem neuen Bekannten Moe, einem freundlichen Afrikaner, der in einem kleinen Laden Waren aus seiner Heimat verkauft, hingibt.

Doch das reicht ihnen noch immer nicht, so dass sie während eines Kurzurlaubs in Paris ein ähnliches Abenteuer inszenieren. Möglich macht dies Sangho, ein schwarzafrikanischer Bekannter, den Martin vor einer Weile aus den Augen verloren hat, der das Paar in seiner heruntergekommenen Ein-Zimmer-Wohnung übernachten lässt. Während Moe Marion wie eine Göttin verehrte, erniedrigt Sangho sie wie eine billige Hure. Und alle Beteiligten genießen diese Spiele.


Martin Kandau schildert den Protagonist Martin (!) als einen Mann, der seine Frau Marion über alles liebt - es klingt wie eine Liebeserklärung des Autors an seine Partnerin. Immer wieder beschreibt er ihre Vorzüge und was ihm an ihr gefällt, auch wenn sie kein junges Mädchen sondern eine reife, üppige Frau ist, die sich selber kritischer sieht. Ebenso wiederholt er mantrahaft, dass es gerade diese alles gebende Liebe ist, die sie miteinander verbindet und sie stärkt, so dass der Sex mit einem anderen Mann keine Bedrohung für ihre Beziehung darstellt, die sich über die ‚typische und normale‘ Ehe hinaus entwickelt hat.

Martin gönnt Marion die aufregende Erfahrung, mit zwei fremden Männern zu schlafen, die das Klischee des ‚ausdauernden, übermäßig bestückten Schwarzen‘ bedienen, der besondere Techniken anwendet, um seiner Partnerin keine Schmerzen zuzufügen. Er ist stets Zeuge des Akts beziehungsweise Mitspieler bei der ménage à trois und empfindet den größten Kick beim Beobachten seiner Frau, die ihm durch ihre Hingabe an die Bekannten diesen Wunsch erfüllt. Dabei trennen sie das rein Körperliche von der höher stehenden Liebe füreinander, die nicht von ‚Ausdauer und Ausstattung‘ abhängig ist.

Außer dem titelgebenden Kontrast von schwarzer und weißer Haut sind bei diesen Spielen auch die charakterlichen Unterschiede von Moe und Sangho bedeutsam. Moe ist ein liebenswürdiger Freund mit Fußfetisch, der der Einladung der beiden folgt und sich bemüht, Marion nicht wehzutun und ihr ein lustvolles Erlebnis zu schenken. Er behandelt sie wie eine Göttin, denkt vor allem an ihr (und Martins) Wohl und stellt seine Bedürfnisse hinten an. Sangho hingegen ist selbstsüchtig, sieht in Frauen vor allem ein Mittel zur Befriedigung seiner Triebe und packt schon mal grober zu, wird im Rollenspiel dominant und erniedrigt das Paar, spürend, dass die beiden genau das wollen.

Für Martin ist Marion in erster Linie Heilige und für seine dunklere Seite Hure. Er genießt die gegensätzlichen Aspekte, die sie vereinen kann, wie sie einmal verehrt und dann gedemütigt wird. Er liebt sie umso mehr dafür, dass sie aus der traditionell-treuen Gattinnen-Rolle ausbricht, um ihm seine geheimen Wünsche zu erfüllen und ihm zu seinem Kick zu verhelfen, wobei sie selbst auch auf ihre Kosten kommt. Alles geschieht in Absprache und mit dem Einverständnis der Beteiligten.

Die erotische Traumwelt störende Kritikpunkte wie Geschlechtskrankheiten und AIDS, die stereotype Darstellung der farbigen Sex-Partner, die Frage, welche neuen Praktiken ausprobiert werden, sobald der Rausch von „EbenHolz und ElfenBein“ abgeklungen ist, und wie sich das langfristig auf die Ehe auswirkt, werden nicht tangiert.

Vermutlich werden viele Leser diese Fantasien interessant finden, sie aber kaum ausprobieren wollen. Eine offene Ehe/Partnerschaft und BDSM-Rollenspiele sind nicht jedermanns Sache, aber Papier ist geduldig und liefert eine Abwechslung, die man im Kopfkino genießen kann.