Gruselkabinett 144: Der gewaltige Gott Pan, Arthur Machen (Hörspiel)

Gruselkabinett 144
Der gewaltige Gott Pan
Arthur Machen & Marc Gruppe (Script)
Sprecher: Michael-Che Koch, Thomas Balou Martin, Jacques Breuer u.a.
Titelbild: Ertugrul Edirne
Titania Medien, 2019, 1 CD, ca. 73 Minuten, ca. 8,99 EUR, ISBN 978-3-7857-5944-8

Rezension von Christel Scheja

Arthur Machen (1863-1947) stammte aus Wales und schlug sich nach einem abgebrochenen Medizinstudium erst einmal als Übersetzer durch, bis er im Schreiben seine Berufung fand. Er zeichnete sich durch elegant geschriebene und subtile Schauer-Geschichte aus, von denen eine später von Alfred Hitchcock als Grundlage für „Die Vögel“ aufgegriffen wurde, während sich Stephen King eher von der Geschichte beeindruckt zeigte, die Marc Gruppe nun für die „Gruselkabinett“-Reihe umgesetzt hat: „Der gewaltige Gott Pan“.

 

Im Jahr 1864 willigt Mister Clarke ein, seinen Freund Raymond bei einem gewagten Experiment zu begleiten. Beflügelt von seinem eigenen Wahn will dieser durch eine gefährliche Operation an seinem Schützling Mary Verbindung zur Welt des Übersinnlichen aufnehmen. Durch das, was dort geschieht, wendet sich Clarke entsetzt von dem Mann ab, den er in seiner Besessenheit nicht wiedererkennt.

Zwanzig Jahre später allerdings wird er wieder an den Vorfall erinnert. Denn um eine junge Frau namens Helen Vaughan ranken sich Erzählungen, die ihm seltsam vertraut vorkommen. Und nicht nur das. Wo immer sie war, nimmt sich später ein Mann auf grausame Art und Weise das Leben.


Ein verrückter Wissenschaftler beschwört das Grauen herauf, indem er alle moralischen Grundsätze und sein Gewissen über Bord wirft. Das ist fast schon ein klassischer Aufhänger für eine Geschichte, die sich dann allerdings erst einmal in eine ganz andere Richtung entwickelt, wie sich später herausstellt. Doch bis der Held und seine Freunde zu dieser Erkenntnis kommen, dauert es eine Weile, vor allem weil auch der Urheber des Geschehens schweigt und erst zum Ende hin mit der Wahrheit herausrückt.

Der Zuhörer ahnt unter Umständen früher, was geschehen sein könnte, was aber nicht unbedingt zu Langeweile führt. Denn die vielen Dialoge sind sehr interessant gestrickt, regen zum Nachdenken an und wissen zu fesseln.

Was Geräusche nicht allein erklären können, ergänzen die Beschreibungen aus dem Mund der Figuren, dennoch bleibt genug Raum, um seine eigene Phantasie spielen zu lassen.

Die Sprecher jedenfalls haben ihren Spaß an der Sache, der besessene Wissenschaftler aus besseren Kreisen wird ebenso glaubhaft wie überspitzt dargestellt wie auch sein rationaler und besonnenerer Freund, der zwar erst nicht an das Übersinnliche glauben will, dann aber eines Besseren belehrt wird.

Allein die Sprecherinnen bleiben etwas im Hintertreffen, was aber auch zum viktorianischen Flair der Geschichte passt - gerade das unschuldige und naiv-kindlich auftretende Opfer wie auch die geheimnisvoll-laszive Frau, die nicht ohne Grund den Ruf hat eine männermordende schwarze Witwe zu sein. Inhaltlich werden die über siebzig Minuten sehr gut ausgenutzt, es kommen keine Längen auf. Und auch das Grauen kommt lange Zeit nicht plakativ sondern eher subtil daher, auch wenn natürlich viele altbekannte Handlungsmuster bedient werden.

„Der gewaltige Gott Pan“ ist ein gelungenes Hörspiel der „Gruselkabinett“-Reihe, das viele interessante Fragen aufwirft, gleichzeitig aber auch eine spannende Geschichte webt, die viele altbekannte Grusel-Klischees in einen neuen Kontext bringt und das Grauen zugleich subtil wachsen lässt, ehe es mit aller Gewalt hervorbrechen darf.