I. V. Steen: Das Lied der Norne (Buch)
- Details
- Kategorie: Rezensionen
- Veröffentlicht: Montag, 01. April 2019 20:15

I. V. Steen
Das Lied der Norne
Verlag Dieter von Reeken, 2019, Paperback mit Klappenbroschur, 336 Seiten, 22,50 EUR, ISBN 978-3-945807-43-9
Rezension von Carsten Kuhr
Der Verlag Dieter von Reeken hat sich auf die Neuauflage vergessener Perlen der Phantastischen Literatur sowie sekundärwissenschaftliche Abhandlungen derselben spezialisiert. Seit Jahren erscheinen hier, in sehr sorgfältig redigierter Form und Neusatz, entsprechende Titel.
Über die Jahre habe ich hier wunderbare Lese-Abenteuer gefunden, Titel, die mich verzaubert, Bücher, die mich an ihre Seiten gebannt haben, aber auch Romane und Erzählungen, die mich nicht ganz fesseln konnten.
Sei dies, weil sich die Erde seit ihrer jeweiligen Erstveröffentlichung einfach weiter gedreht hat, das Gebotene zu sehr im Vergangenen fußte als dass ich einen wirklichen Zugang zu dem Text bekam oder weil mir der Stil des jeweiligen Verfassers zu antiquiert war.
Nun präsentiert der Verleger meines Wissens erstmals eine aktuelle Roman-Erstveröffentlichung.
I.V. Steen - oder eigentlich Helmut K. Schmidt - ist dem Leser utopisch-phantastischer Abenteuer-Literatur als literarischer Zögling - darf ich das so sagen? - Paul Alfred Müllers bekannt. Seit den 40er Jahren verband die beiden Autoren eine Freundschaft; bei „Rah Norton“ verfasste Steen, um beim Pseudonym zu bleiben, die ersten Bände, bevor der Meister übernahm.
Beide waren lange Zeit begeisterte Anhänger der Hohlwelt-Theorie und verfassten auch entsprechende Romane.
Vorliegende Erstveröffentlichung - das Manuskript lag wohl schon vorher bei p.machinery - siedelt die Handlung in einer Hohlwelt an.
Um was geht es?
Wir lernen unseren Protagonisten, einen Bauernjungen, Torsten genannt, kennen, als sein einsam und abgeschieden gelegener Hof hohen Besuch bekommt. Vor einer Generation zerstörten die Salamander jegliches technische Artefakt, stellten das Wissen und die Forschung in der Innenerde unter Bann.
Wotan selbst sucht den Hof auf, um ausgerechnet Torsten auf eine Queste zu entsenden. Dieser soll durch seine Welt reisen, um die sagenhafte Norne, die Schicksalsweberin, unter den Wurzeln der Weltesche zu suchen und aus ihrem desaströsen Schlummer wecken.
An die Seiten gestellt bekommt unser Held einen Raumfahrer aus der Apollo-99-Mission, der durch den Mond auf die Innenerde gefallen ist, und eine angehende Hexe. Sie machen sich auf die Suche, immer verfolgt, behindert und bekämpft durch den perfiden Mekkanis.
Wie man dieser kurzen, vielleicht etwas chaotisch anmutenden Zusammenfassung entnehmen kann, schüttet der Autor ein wahres Füllhorn an Ideen, Einfällen und Anleihen über den Leser aus. Unschwer lässt sich erkennen, dass Steen sich auf die alt-nordischen Mythen bezieht, dass er aber auch einen gewissen Fantasy-Bezug mittels seiner archaisch anmutenden Welt (mit Technik-Einflüssen) herstellt.
Allerdings funktioniert dieser Science-Fantasy-Sage-Mix nicht wirklich. Zu unterschiedlich sind die im Roman aufeinander treffenden Versatzstücke, zu unlogisch ihr Zusammenwirken. Dazu kommt, dass der Autor nicht eben fesselnd oder stilistisch adäquat zu fabulieren weiß. Das ist ein hartes Urteil, allein, die stilistischen Schwächen sind derart auffallend, dass man selbst mit Wohlwollen nicht über diese hinwegsehen kann.
Gerade, weil ich auf ein Lese-Erlebnis à la „Sun Koh“ und Co. gehofft hatte, war die Enttäuschung umso größer.