JP Delaney: Believe Me - Spiel dein Spiel. Ich spiele es besser. (Hörbuch)
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- Veröffentlicht: Dienstag, 26. März 2019 11:34

JP Delaney, Ulla Mothes (Lesefassung)
Believe Me - Spiel dein Spiel. Ich spiele es besser.
(Believe Me, 2018)
Übersetzung: Sibylle Schmidt
Leicht gekürzte Lesung von Yvonne Greitzke
der Hörverlag, 2018, 1 mp3-CD, ca. 508 Minuten, ca. 14,99 EUR, ISBN 978-3-8445-3038-4
Rezension von Irene Salzmann
JP Delaney ist ebenso wie die Namen Anthony Strong und Tony Strong eines der Pseudonyme des in Uganda geborenen und in Großbritannien lebenden Krimi- und Drehbuchautors Anthony Capella. Zu seinen Werken zählen „The Wedding Officer“, „Gefährliche Versuchung“, „The Girl Before“ und andere.
Claire Wright, Mitte 20, britische Staatsbürgerin, lebt in New York und besucht dort eine Schauspielschule. Obwohl sie in den USA nicht arbeiten darf, ist sie für eine Detektei als Lockvogel tätig, um untreue Ehemänner zu überführen. Sie benötigt das Geld dringend für den Unterricht und die Miete, denn ihr Stipendium deckt lediglich einen Teil der Kosten ab.
Eines ihrer Opfer ist der Dozent und Autor Patrick Fogler - der erste Mann, der ihr widersteht. Seine Frau Stella ist seltsamerweise nicht erfreut und überdies weniger enttäuscht als besorgt - und Claire verärgert, weil sie in diesem Fall versagt hat. Als sie wenig später Stella noch einmal im Hotel aufsucht, um ihr den Gedichtband, Charles Beaudelaires „Les Fleures du Mal“, zu bringen, den Patrick ihr gegeben hatte, wird ihr nicht geöffnet.
Am nächsten Tag erscheint die Polizei an der Schauspielschule und bittet Claire um ihre Aussage. Stella wurde ermordet, und Caire war eine der Personen, die die Tote zuletzt gesehen hatten. Weil eine größere Summe Geld gestohlen wurde, wird Claire der Tat verdächtigt, doch kann man ihr nichts nachweisen. Auch Patrick haben die Beamten im Visier, da es an anderen Orten in seinem Umfeld bereits die eine oder andere Leiche gegeben hat. Als die Ermittler jemanden auf ihn ansetzen wollen, meldet sich Claire freiwillig.
An der Universität besucht sie Patricks Vorlesung. Das Buch, das sich noch immer in ihrem Besitz befindet, liefert ihr den Vorwand, ihn anzusprechen. Von da an sehen und mailen sie einander in unregelmäßigen und bald schon kürzeren Abständen. Einige Andeutungen neben Patricks großem Interesse an dem Band - Stella wurde, wie man inzwischen weiß, nach Motiven aus diesem ermordet - veranlassen Claire, Kontakt zu einer BDSM-Website aufzunehmen und ihn ihrerseits mit Andeutungen, dass sie an diesen Praktiken interessiert sei, zu verführen.
Das gelingt ihr schließlich auch, doch lehnt Patrick diese Spiele ab, und sie haben ganz ‚normalen‘ Sex. Immer mehr verliebt sich Claire in den kultivierten, attraktiven Mann, den sie wegen Mordes überführen soll, und glaubt an seine Unschuld. Als sie ihm die Wahrheit beichten will, macht sie eine schreckliche Entdeckung: Patricks Wohnung ist verwanzt - mit derselben Polizei-Technik wie ihre eigene. Sofort ist Claire klar, dass man sie gegeneinander ausgespielt hat und sie selber immer noch unter Verdacht steht.
Noch während sie Patrick mit diesem Wissen konfrontiert, dringt die Polizei in die Wohnung ein, verhaftet Claire, steckt sie in eine Anstalt wegen angeblicher Schizophrenie und pumpt sie mit Medikamenten voll. Ein Entkommen von diesem schrecklichen Ort scheint unmöglich.
JP Delaney beginnt die Handlung mit einem typischen Reißer, der den Leser/Zuhörer neugierig machen soll: Eine Reinigungskraft entdeckt eine schrecklich zugerichtete Leiche. Danach wird die Handlung einige Tage zurückgedreht. Claire und die Menschen aus ihrem Umfeld werden vorgestellt. Die junge Frau macht sich ihre Erfahrungen aus dem Schauspielunterricht zunutze, um untreuen Ehemännern etwas vorzuspielen und den Verdacht ihrer Frauen zu bestätigen. Damit hat sie das notwendige Rüstzeug, um als Privatperson an einer gefährlichen polizeilichen Ermittlung teilzunehmen. Die Beamten bereiten sie sorgfältig auf die Rolle vor, die sie spielen soll, um dem Verdächtigen ein Schuldgeständnis zu entlocken. Über ein Mikrofon hören sie die Gespräche mit und sind bereit, sofort einzugreifen, falls die Situation eskaliert.
Zunächst scheint der Plan aufzugehen, doch dann verliebt sich Claire in Patrick und findet heraus, dass er im Auftrag der Polizei mit ihr dasselbe doppelte Spiel trieb wie sie mit ihm. Allerdings haben die Beamten gegen keinen von ihnen etwas in der Hand und verwischen die Spuren ihrer gescheiterten Observation. Dennoch ist Claire auch in der Klinik nicht völlig hilflos. Mehr darf man nicht verraten, da die weitere Entwicklung sonst keinerlei Überraschungen mehr bieten würde.
Die Ereignisse werden aus Claires Perspektive in Ich-Form geschildert. Nimmt sie an einer Szene ausnahmsweise nicht teil, wird neutral erzählt beziehungsweise der Eindruck erweckt, als spiele sich der Moment in ihrem Kopf ab. Oftmals werden die Dialoge aus der Handlung gehoben wie in einem Bühnenskript, d. h., der Name des jeweiligen Sprechers wird genannt, Doppelpunkt, Text. Dazu passt auch, dass sie im Wechsel weiterhin Schauspielunterricht nimmt und probt, für die Polizei arbeitet, zu Patrick und anderen Personen verschiedene Beziehungen unterhält, sich die Themen und Problematiken mit dem Umfeld ändern. So verwischen die Grenzen zwischen der vorgeblichen Realität und dem Schauspiel durch die Form und Claires chamäleonhafte Darstellung - innerhalb der Geschichte weiß man immer weniger, wann sie in eine Rolle schlüpft und wann sie ganz sie selbst ist.
Auch daran, dass sie überhaupt ein eigenes Ich hat und nicht permanent jemanden zu verkörpern versucht, werden Zweifel gesät durch psychologische Gutachten und ihr eigenes Verhalten; denn erzählen kann sie dem Leser/Hörer, der durchaus mit ihr sympathisiert, viel, doch eine gewisse Skepsis lässt sich nicht ausräumen, schon aufgrund verschiedener Traumata aus Kindheit und Jugend, die in gelegentlichen Rückblenden thematisiert werden.
Über Patrick, ihre große Liebe und zeitweiligen Gegenspieler, erfährt man auch so Manches, aber nur so viel, wie unbedingt notwendig und nie mehr, als Claire herausfindet. Er bleibt die meiste Zeit ruhig und besonnen, als könne er kein Wässerchen trüben, und er scheint auch kein Motiv gehabt zu haben, Stella zu ermorden. Seine dunklen Sehnsüchte sind letztendlich gar nicht so düster, und er entwickelt sich immer mehr zu Claires Traummann. So ist das Publikum auch in seinem Fall hin und her gerissen, weil dieser Patrick zu schön ist, um wahr zu sein.
Der Schlüssel ist tatsächlich Beaudelaires Leben und sein Gedichtband „Les Fleures du Mal“, aus dem ab und zu zitiert wird. Claire glaubt nach weiteren tragischen Vorkommnissen - Kollateralschäden -, dass das Rätsel gelöst sei, aber das war längst nicht der Höhe- und Schlusspunkt der Handlung. Gelungen führt der Autor Leser und Hörer an der Nase herum bis zum Schluss.
Yvonne Greitzkes Vortrag ist intensiv und lebhaft, ohne dass sie ihre Stimme sonderlich verstellt, wenn sie die Worte einer anderen Figur als Claire spricht. Sie lieh ihre Stimme unter anderem Alicia Vikander in „Tomb Raider“, Britt Robertson in „Lieferheld - Unverhofft kommt oft“ und Hilary Duff in „Gossip Girl“ und las das Hörbuch „Die Eiskönigin - Völlig unverfroren“. Sie zieht die Zuhörer in die Geschichte hinein, und man möchte wirklich wissen, wie es weitergeht, wer der Mörder ist, welche Motive ihn leiten und inwieweit der Einfluss eines skandalumwitterten toten Dichters aus dem 19. Jahrhundert (1821-1867) reicht.
„Believe Me - Spiel dein Spiel. Ich spiele es besser.“ ist spannend inszeniert und fesselt bis zum Schluss.