Siri Pettersen: Fäulnis - Die Rabenringe 2 (Buch)
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- Kategorie: Rezensionen
- Veröffentlicht: Samstag, 09. März 2019 21:37

Siri Pettersen
Fäulnis
Die Rabenringe 2
(Råta)
Übersetzung: Dagmar Mißfeldt
Titelbild: Siri Pettersen
Arctis, 2019, Hardcover, 554 Seiten, 20,00 EUR, ISBN 978-3-03880-014-9 (auch als eBook erhältlich)
Rezension von Carsten Kuhr
Willkommen zurück im Ymsland - Moment, so ganz stimmt das ja nicht. Sagen wir lieber, willkommen zurück im Lebens- und Leidensweg von Hirka.
Erinnern wir uns: Hirka Schwanzlos wuchs in Ymsland ausgegrenzt auf. Nicht nur, dass sie keinen Schwanz hat wie alle anderen ihrer Freunde und Feinde, sie besaß auch keine Gabe des Steinflüsterns. Mehr noch, sie wurde für die Fäulnis, ein ultimatives Übel, verantwortlich gemacht.
Am Ende des ersten Bandes ging sie durch die Rabenringe in die Welt, aus der sie stammt. Hier, in unserer hochtechnisierten Welt aber ist sie ebenso ausgegrenzt und noch mehr allein, als sie es früher jemals war. Als ihr geliebter Rabe Kuro stirbt, ist sie am Boden zerstört. Mehr noch, sie muss feststellen, dass auch hier Jagd auf sie gemacht wird - und dass Totgeborene und die Fäulnis auch hier existieren! Kann es etwa sein, dass ihr Opfer umsonst war und sie gar nicht die Quelle für die Fäulnis ist?
Erneut ist ein Blinder hinter ihr her.
Währenddessen muss sich Rime im Rat gegen Intrigen zur Wehr setzen. Seine Fragen sind unwillkommen, ja sie alarmieren seine Gegner, die sich entschieden zur Wehr setzen - und das, wo er durch die schmerzlich bewusste Abwesenheit Hirkas so schon angeschlagen ist.
Mittelbände einer Trilogie sind in aller Regel sowohl für Verfasser wie für Leser nicht einfach. Man muss auf den Grundlagen des ersten Bandes aufbauen, darf aber gleichzeitig nicht zu viel verraten, sonst bleibt für den Abschlussteil zu wenig an Spannung übrig.
Siri Pettersen legt eine willkommene Ausnahme von dieser Regel vor. Erreicht wird dies zum einen dadurch, dass sie ihre Protagonistin in ein für diese komplett neues Umfeld - unsere moderne Welt - versetzt, zum anderen indem sie die Gegner ihrer Erzählerin in unsere Welt integriert.
Nun ist das schon eine Krux, wenn man etwas Böses aus einer nordischen Mythologie in eine hochtechnisierte Umwelt verpflanzt.
Allerdings besteht eine der Stärken der Autorin darin, ihre Schauplätze sehr bildhaft und überzeugend zu zeichnen. Daneben stützt sie ihren Plot erneut auf die wunderbar gezeichneten Charaktere.
Beide Hauptfiguren, obzwar getrennt, entwickeln sich folgerichtig und nachvollziehbar weiter, müssen sich auch ständig entwickeln, hält die Autorin für diese und ihre Leser doch jede Menge nicht vorhersehbarer Wendungen bereit. Dabei entwickelt insbesondere Hirka Fähigkeiten und Energie, die man dem Mädchen nicht zugetraut hätte.
Es verbleiben jede Menge offener Fragen für den für Herbst 2019 in Vorbereitung befindlichen Abschlussband, den die Leser sicherlich ungeduldig erwarten werden - bietet die Lektüre doch eine gelungene Mischung aus High Fantasy, Mythologie und Urban-Fantasy-Elementen.