Bob Morane Reloaded 1: Seltene Erden (Comic)

Luc Brunschwig, Aurélien Ducoudray, Henri Vernes
Bob Morane Reloaded 1
Seltene Erden
(Bob Morane Renaissance 1: Les Terres rares, 2016)
Titelbild und Zeichnungen: Dimitri Armand
Übersetzung: Uwe Löhmann
Splitter, 2017, Hardcover, 60 Seiten, 15,80 EUR, ISBN 978-3-95839-533-6

Rezension von Elmar Huber

Das unautorisierte Eingreifen in einen lokalen Zwischenfall in Nigeria sorgt dafür, dass Leutnant Robert „Bob“ Morane sich vor dem Militärgericht verantworten muss. Der Mann, dem er dabei das Leben gerettet hat, Kanem Oussman, wird zum Präsidenten des Landes gewählt, und es ist seiner Intervention zu verdanken, dass Morane ‚nur‘ unehrenhaft aus der Armee entlassen wird. Im Gegenzug bietet Oussman ihm - in Hinblick auf die künftigen Handelsbeziehungen zwischen Nigeria und Frankreich - eine Stelle als Berater an.

Sechs Jahre später feiern Nigeria und Frankreich den Startschuss der Initiative ‚Bildung gegen Mineralien‘, an der vor allem das französische Unternehmen Belfon beteiligt ist. Die Neurotech-Firma hat einen Helm entwickelt, mit dem Lerninhalte direkt in das Gehirn eines Menschen eingespeist werden können; Belfon würde den Helm Nigeria flächendeckend zur Verfügung stellen. Selbst Moranes Verlobte, eine nigerianische Lehrerin, sieht darin eine Revolution des Bildungssystems. Die Gala wird von mehreren parallel verlaufenden Attentaten gestört, denen unter anderem der französische Präsident zum Opfer fällt, bevor Morane den Täter ausschalten kann. Ein brutales Statement der Gruppe Wal Jihad gegen den Einsatz der Lernhelme und ihrer noch unbekannten Wirkung auf das Gehirn.

Im Dorf Zamosho, im Norden Nigerias, werden die Helme gar in einer medienwirksamen Aktion verbrannt. Gemeinsam mit seinem Sekretär Victor und einer Eskorte macht sich Morane auf den Weg dorthin, um die Bevölkerung vom Nutzen der Helme zu überzeugen. Auf dem Weg geraten sie in einen Hinterhalt, und nur Morane erreicht mit dem schwerverletzten Victor Zamosho, das sich als ultramoderne Stadt entpuppt, die unter der Herrschaft des undurchsichtigen Chinesen Ming steht, dem Kopf hinter Wal Jihad.


Bob Morane ist ursprünglich ein Romanheld des Autors Henri Verne (Charles-Henri-Jean Dewisme). Erst später adaptierte Verne seine Geschichten zu einer Comicreihe; es existiert außerdem eine Fernsehserie aus den 60er Jahren.

Nun ergeht es dem Abenteurer wie jüngst einigen seinen Kollegen („Perry Rhodan“, „John Sinclair“, „Jerry Cotton“, „Rick Master“), und es steht ein modernisierter Neustart auf dem Programm.

Ganz zeitgemäß wird Bob Morane in einer dramatischen Anfangssequenz eingeführt und durch sein eigenmächtiges Eingreifen in Oussmans drohende Hinrichtung als Mann der Tat charakterisiert, dem ein Menschenleben wichtiger ist als Befehlstreue. Und eben diese unerschütterliche moralische Integrität und seine Menschlichkeit sind es, die Morane - anders als zum Beispiel Befehlsempfänger James Bond - immer wieder bei den Mächtigen anecken lässt und in gefährliche Situationen bringt.

Die Charakterisierung passt also, die Story jedoch holpert noch an einigen Stellen, da viele Dinge in dem Genre-Mix aus Thriller, Abenteuer und Science Fiction unter einen Hut zu bringen sind. So wurde, um die Geschichte nicht vorzeitig auszubremsen, einigen Personen eine gewisse Blauäugigkeit und Naivität auf den Leib geschrieben, was die fraglose Akzeptanz der Lernhelme angeht, die doch offensichtlich direkt ins menschliche Gehirn greifen. Das Hauptziel ist es offenbar, Morane am Ende des Bandes nach Zamosho, das eher nach Dubai als nach dem erwarteten afrikanischen Hüttendorf aussieht, und in Mings Hände zu bringen, so dass man hier mit Band 2 ansetzen kann.

Für den, der die ‚alten‘ Abenteuer kennt, tut sich in „Seltene Erden“, noch eine weitere Ebene auf, denn dann bemerkt man erst, wie geschmeidig die bekannten Personen, die Reporterin Sophia Paramount, Moranes Kamerad und Freund William „Bill“ Ballantine und sein Gegenspieler, der „Gelbe Schatten“ Ming, in diese neue Version eingeführt wurden. Der Titel des Bandes spielt übrigens auf die wertvollen Metalle an, die Belfon im Gegenzug für das ‚Bildungsprogramm‘ aus Nigeria erhält. Die Fortsetzung, „Der Ort, den es nicht gab“, erschien zeitgleich und schließt dieses erste neue Abenteuer ab.

Die satten Zeichnungen von Dimitri Armand („Angor“), inklusive der großartigen Kolorierung, lassen keine Wünsche offen und erinnern mit ihren tiefen und harten Schatten an die Bilder von Pat Gleason („Batman & Robin“).

Frisch und modern erzählter Thriller-SF-Action-Mix. Das Tempo stimmt und die Optik gefällt, so dass einige Stolperstellen nicht weiter ins Gewicht fallen.