Anne Troja: Rheanne - An Bord der Adlerschwinge (Buch)

Anne Troja
Rheanne - An Bord der Adlerschwinge
Ein Fall für Ritterin Rheanne 1
Blanvalet, 2019, Taschenbuch, 316 Seiten, 9,99 EUR, ISBN 978-3-7341-6185-8 (auch als eBook erhältlich)

Rezension von Carsten Kuhr

Sie hatte wahrlich keine einfache Kindheit. Eine Stricherin hatte sie vor der Tür eines Ordens abgelegt, danach kam sie ins Waisenhaus. Hier lernte sie zu stehlen und zu betrügen, bis sie sich das falsche Opfer aussuchte. Sie bestahl einen Ritter - und wurde gefasst. Dass der Bestohlene sie aufzog wie seine eigene Leibesfrucht, dass sie dann als Frau in einer Welt voller Männer die Ausbildung zur Ritterin einschlug, war eine Entscheidung, die sie oft bereute. Aber eines tat sie nie: sich aufgeben. Und jetzt hat sie es geschafft.

Ihre Herrscherin entsendet sie an Bord der „Adlerschwinge“ ins benachbarte Königreich, um dem dortigen Prinzen ein Geschenk zu überbringen - ein Bestechungsgeschenk.

Kaum an Bord, begegnet sie einem geheimnisvollen Mönch, der in ihr liest wie in einem offenen Buch. Warum nur machen sie dessen faszinierenden Augen so unsicher, warum bringt er sie ein ums andere Mal aus ihrem mühsam erworbenes seelisches Gleichgewicht? Als sie ihn gefangen nimmt und entkleidet, findet sie auf seiner Brust tätowiert das Zeichen eines Dämons. Kann das wahr sein, hat sie einen Dämon gefangengenommen?

Keinen halben Tag später wird sie ins Matrosenquartier gerufen. Ein bis dahin untadeliger Seefahrer verhält sich merkwürdig. Er rennt blindlings mit dem Kopf gegen den Steven, bis schwarzes Blut aus Augen und Ohren schießt. Der Kapitän gibt ihr einen Tag, das Rätsel zu lösen, bis sie selbst als Verdächtige gefangengesetzt wird. Dabei weiß sie doch, dass ein Dämon an Bord ist - nur kann der gefesselt in ihrer Koje Liegende den Mord nicht begangen haben…


Fantasy aus Deutschland fand und findet immer mehr Beachtung. Auch die großen Verlage öffnen sich zusehends den heimischen Verfassern, wobei gerade Blanvalet hier auf eine lange Tradition zurückblicken kann.

Anne Trojas Debüt-Roman vermischt dabei geschickt die Suche nach Motiv und Täter mit einer archaischen Fantasywelt.

Dabei stellt sie eine junge Frau, eben erst hat diese ihre Ausbildung beendet, in den Mittelpunkt der Handlung. Sie zeichnet diese als ebenso aufbrausend wie innerlich unsicher, hat sie doch in einer Welt, in der weitgehend das Recht des Stärkeren zählt, keinen leichten Stand. Rheannes Unerfahrenheit, die merkwürdige Faszination, die von dem mysteriösen Mönch ausgeht, hinter dessen Maskerade sich weit mehr verbirgt als zunächst erkennbar, macht sie als Identifikationsfigur sympathisch und griffig.

Allerdings muss der Leser mit ihr Geduld haben. So manches Mal verhält sie sich schlicht ungeschickt, ihre impulsive Art ebnet ihr nicht unbedingt den Weg und auch die immer wieder thematisierte Anziehung durch den Mönch wirkt auf Dauer störend und nicht wirklich nachvollziehbar.

Dazu kommt, dass sie, statt selbst entscheidend zu ermitteln, von den Geschehnissen getrieben wird. Man hat als Leser das Gefühl, dass wir jemandem folgen, der nicht wirklich entscheidend eingreifen kann. Ein wenig wirkt sie, wie die hilflos den Geschehnissen ausgesetzte Damsel in Not. Spät, fast schon zu spät, wird sie dann aktiv, enthüllt die Autorin die Geheimnisse um den Mönch und zieht das Tempo an.

Die im Plot erkenntlichen Brüche stören ab da kaum, kommt hier doch der lange vermisste Lese-Sog auf. Dem „Waschzettel“ des Verlags ist zu entnehmen, dass vorliegender Band den Auftakt einer Reihe von Abenteuern mit unserer Protagonistin darstellt. Warten wir also einmal gespannt, wie sie sich, gestählt und gereift durch die Ereignisse an Bord, das nächste Mal schlagen wird.