David Eddings: Der Schütze - Belgariad 2 (Buch)

David Eddings
Der Schütze
Belgariad 2
(Queen of Sorcery (Book of The Belgariad 2), 1982)
Übersetzung: Irmhild Hübner
Blanvalet, 2018, Taschenbuch mit Klappenbroschur, 476 Seiten, 10,99 EUR, ISBN 978-3-7341-6167-4 (auch als eBook erhältlich)

Rezension von Irene Salzmann

Garion, der sein ganzes junges Leben bisher auf einem Bauernhof verbracht hat, flieht mit dem Geschichtenerzähler Meister Wolf, seiner Tante Pol und einer wachsenden Zahl von Gefährten vor gefährlichen Männern, die nach ihnen suchen. Gleichzeitig folgen sie einem Dieb, der ein wertvolles Artefakt gestohlen hat, dessen Macht missbraucht werden soll.

Nachdem Garion lange rätselte, worum es eigentlich geht, kennt er nun einen Teil der Wahrheit: Das Auge des Gottes Aldur wurde entwendet, weil man mit seiner Hilfe den schlafenden Gott Toruk wecken kann. Wenn dies geschieht, wird die ganze Welt in ein Schlachtfeld verwandelt. Es gibt allerdings eine Prophezeiung, die besagt, dass jemand die Rettung bringen kann. Auf das Erscheinen dieser Person haben Meister Wolf und Tante Pol, bei denen es sich um die mächtigen Zauberer Belgarath und Polgara handelt, seit Jahrtausenden gewartet, und Garion, ein Nachkomme Belgaraths, soll dieser Retter sein.

Für den Jungen ist das alles sehr schwer zu glauben, zumal er lieber ein normales Kind sein möchte als ein Held oder gar ein Ungeheuer mit magischen Kräften. Als sich seine Fähigkeiten entfalten, tötet er einen Feind und ist danach völlig verstört. Zwar konnte er sich an dem Mörder seiner Eltern rächen, aber das Bild des Sterbenden verfolgt ihn in seinen Träumen, und er fürchtet sich davor, irgendwann wieder jemanden umzubringen.

Indem Garion die Gabe später zu etwas Gutem einzusetzen versuchte, zieht er prompt die Aufmerksamkeit der Gegner auf sich. Er wird entführt und zu Salmissra gebracht, der Königin der Nyissaner und Schlangen. Angetan von seiner Jugend und Attraktivität beschließt sie, ihn mit Hilfe von Drogen zu ihrem willigen Bettgefährten zu machen und erst dann den Dienern Toruks auszuliefern, wenn der Gott sie zu seiner Braut macht und ihr Unsterblichkeit schenkt.


Die Reise von Garion und seinen Freunden geht weiter. David Eddings lässt sie verschiedene Länder durchstreifen und dort auf Verbündete, Neutrale und Feinde treffen. Einerseits jagen sie den Dieb, der Aldurs Auge an sich genommen hat, andererseits sind sie bemüht, ihren Gegnern aus dem Weg zu gehen. Das gelingt natürlich nicht immer, doch findet die kleine Gruppe stets eine schnelle Lösung, die oft unblutig ist, und kommt es doch einmal zum Kampf, wird auf langwierige Beschreibungen verzichtet. Infolgedessen ist die Geschichte eher arm an Action und spannenden Szenen.

Dafür wird sehr viel geredet und seitens Garions reflektiert. Obwohl er jetzt etwa fünfzehn Jahre alt ist und durch die Erlebnisse eine gewisse Reife erlangt haben sollte, benimmt er sich kindlicher und kindischer als zuvor, vor allem wenn ihn Ce’Nedra, die tolnedranische Prinzessin, in Verlegenheit bringt. Beide mögen pubertierende Jugendliche sein, aber dass sie irgendwann ein Paar werden, liegt auf der Hand, denn die Prophezeiung wartet mit neuen Details auf.

Viel Zeit bleibt den Helden allerdings nicht mehr, die Bedrohung für ihre Welt abzuwenden. Hinzu kommt, dass Garion erst im Gebrauch der Gabe, die er ablehnt, unterwiesen werden muss und sich stur stellt. Das haben sich Belgarath und Polgara selbst zuzuschreiben, da sie den Jungen all die Jahre - zu seinem Besten, natürlich - in Unwissenheit ließen, später bloß mit Halbheiten herausrückten und ihn schließlich drängten, die erwachte Kraft zu benutzen. Dass er sich von den beiden Menschen, die ihm am wichtigsten sind, getäuscht fühlt und mit sich selbst nach dem von ihm verursachten Tod ins Reine kommen muss, ist nachvollziehbar.

Weiterhin bleiben die Feinde schablonenhaft und austauschbar. Sie werden als machthungrig, brutal und skrupellos geschildert oder/und als skurrile, dekadente Menschen, die sich ganz ihren Süchten, darunter Drogenkonsum und Sex, hingeben. Der Kontrast zwischen den eindimensional ‚Bösen‘ und ‚Guten‘ könnte kaum größer sein.

Der zweite Band endet damit, dass die Gruppe ihre Reise fortsetzt und Garion nun nahezu alles über seine Rolle im Kampf gegen Toruk und seine Anhänger erfahren hat. Ein paar neue Geheimnisse wurden eingefügt, die den Jungen erneut grübeln lassen, derweil die Zauberer sich in ihr übliches Schweigen hüllen und bloß Andeutungen machen.

Der Leser rätselt ebenfalls, und zwar warum dieser Teil den Titel „Der Schütze“ trägt. Es wird eine Figur eingeführt, die als exzellenter Bogenschütze gilt, aber letztendlich trägt dieser wenig zur Handlung bei, so dass der amerikanische Originaltitel („Queen of Sorcery“) und sogar die beiden früheren („Die Zaubermacht der Dame“, „Der Zauber der Schlange“) den Inhalt besser treffen.

Die „Belgariad“-Sage ist ‚Heile Welt‘-Fantasy aus den 80er Jahren, und das merkt man sehr deutlich. Sie schwimmt auf der damals populären „Der Herr der Ringe“-Welle mit und ist meilenweit entfernt von jüngeren Serien wie beispielsweise „Game of Thrones“. „Belgariad“ darf man daher getrost auch jungen Genre-Fans ab 12 Jahre in die Hände drücken. Auch Nostalgiker, die nach all dem Schmutz, Schmuddel, Derbheiten und Gemetzel in zeitgenössischen Romanen gern mal wieder von noblen, sauberen Helden lesen möchten, können bei dieser Lektüre entspannen.