Nicole Rensmann: Anam Cara - Seelenfreund (Buch)

Nicole Rensmann
Anam Cara - Seelenfreund
Titelbild: Timo Kümmel
Atlantis, 2018, Paperback, 172 Seiten, 11,90 EUR, ISBN 978-3-86402-613-3 (auch als Hardcover und eBook erhältlich)

Rezension von Irene Salzmann

Sina und Thomas Heidkamp sind glücklich verheiratet und haben zwei Kinder, Nele aus einer früheren Beziehung Sinas und Lea die gemeinsame Tochter. Unverhofft kommt Thomas bei einem tragischen Autounfall ums Leben. Für Sina ist es, als falle sie in ein tiefes Loch, aus dem es kein Entkommen gibt. Am liebsten würde sie ebenfalls sterben, aber für ihre Kinder funktioniert sie irgendwie weiter. Unterstützung erhält sie von ihrem Vater, ihrer besten Freundin Alissa und einer Nachbarin.

Mit einem Mal empfängt sie merkwürdige eMails von einem unbekannten Absender und schließlich von einem Tom Keller. Beide scheinen Dinge über sie und den Verstorbenen zu wissen, die eigentlich niemandem bekannt sein dürften. Während der Unbekannte sich nach wenigen Nachrichten nicht mehr meldet, fasst Sina nach und nach Vertrauen zu Tom, obwohl er ihr eine Story auftischt, die völlig unglaublich klingt.

Tom behauptet, nicht im Jahr 2002 sondern 26 Jahre in der Zukunft zu leben. Nach einem Herzinfarkt, an dem er beinahe gestorben wäre, erwachte er mit einem Namen, der ihn seither verfolgt: Sina. Sein ganzes Wesen ist plötzlich verändert, er sehnt sich nach der Unbekannten und vermutet, dass er außer seiner die Seele von Thomas in sich trägt. Um Sina zu finden, setzte er alle Hebel in Bewegung und wird durch das Wunder belohnt, über die Zeit hinweg mit ihr kommunizieren zu können.

Aber Tom will mehr, als er bei einer Recherche von Sina Ermordung erfährt. Er möchte sie retten, auch wenn er dafür selbst sterben muss, damit seine/Thomas’ Seele in die Parallel-Vergangenheit reisen kann.


Ob man nun an Reinkarnation und Seelenwanderung glaubt oder nicht, spielt für diesen Roman, wenngleich es der Dreh- und Angelpunkt der Geschichte ist, nicht wirklich eine Rolle. Viel wichtiger ist die Liebe, die zwei Menschen für einander empfinden und die so stark ist, dass sich ihre Seelen in unterschiedlichen Zeitaltern und parallelen Welten immer wieder begegnen, oft ohne dass sie einander erkennen, aber stets die Nähe des anderen suchend.

Sina und Thomas sind die Hauptfiguren, aber ihre Seelen lebten bereits vor und nach ihrer gemeinsamen Zeit in verschiedenen Körpern. Dass eine bewusst durchgeführte Kontaktaufnahme aus der parallelen Zukunft und eine Seelen-/Zeitreise möglich ist, wird durch den gewaltsamen Tod von Thomas erklärt, dessen Seele nicht in Ruhe auf ein späteres Wiedersehen warten kann. Sein Eingreifen verändert dann auch das Schicksal von Sina, da sie der Warnung von Tom Glauben schenkt. Ungeklärt bleibt hingegen, was am Ende des Buchs aus Nele wird, die zurückbleibt, als sich die beiden Seelen nach Jahren endlich finden.

Lange begleitet man Sina durch ihre Trauer, welche man leicht nachvollziehen kann, wenn man selbst Menschen verloren hat, die einem nahe standen. Die langsame Entwicklung, wie sie dank Tom allmählich Halt findet, liefert das Quäntchen Hoffnung, dass man einander in diesem oder dem nächsten Leben wieder begegnet und sich als „Seelenfreund“ erkennt.

Tom und Sina haben Helfer entlang ihres schweren Weges. Während Luca seinen Freund vorbehaltlos unterstützt - er soll ihn sogar töten! -, obwohl er das mysteriöse Geschehen kaum begreifen kann, fällt es Sina schwer, sich auch nur jemandem anzuvertrauen. Jeder würde glauben, dass sich die Trauer auf ihre geistige Gesundheit auswirkt. Als sie Alissa dann doch von Tom erzählt, löst sie etwas aus, womit sie selbst am wenigsten gerechnet hat. Dadurch fallen alle Puzzle-Teile an die richtigen Plätze, und auch Szenen, die zunächst nicht so recht zu passen schienen, ergeben einen Sinn.

Alles in allem hat Nicole Rensmann in „Anam Cara - Seelenfreund“ eine sehr schwierige Thematik (Seelenwanderung, Zeitreise, Parallelwelten) gemeistert, ohne dass sie sich in Paradoxa verstrickt hat. Glaubwürdig stellt sie die Emotionen ihrer Protagonisten dar und erfreut nach all den Tragödien den Leser mit einem Happy End.