Tim Miller: Puppenhaus (Buch)

Tim Miller
Puppenhaus
(Dollhouse, 2015)
Übersetzung: Christian Jentzsch
Titelbild: Arndt Drechsler
Festa, 2018, Paperback, 120 Seiten, 12,99 EUR (auch als eBook erhältlich)

Rezension von Carsten Kuhr

Jodi sieht gut aus, ist kontaktfreudig und freundlich. Kein Wunder, dass sie zu den besten Verkäufern in einem Handyshop irgendwo im Niemandsland der USA zählt. Dass ihr Boss, der scheidungsgeplagte Bob hinter ihr her ist nervt, doch eine wirkliche Alternative hat sie nicht. Kündigen – dann würde sie ohne Job, ohne Geld und ohne Zukunft da stehen. Also versucht sie Bob so gut es eben geht aus dem Weg zu gehen.

 

Eines Tages lernt sie Ernie Lester kennen. Schön anzuschauen ist er nicht, doch er bietet Jodi etwas, auf das sie lange gewartet hat: eine Chance von Bob wegzukommen, eine Alternative zum Verkauf von Handys. Was sie zu diesem Zeitpunkt noch nicht ahnt ist, dass Ernie ein perverser Kidnapper ist. Gut versteckt hinter einer falschen Wand in seinem Schlafzimmer hat er sie untergebracht: entführte, mittels Mohnsamen gefügig gemachte Frauen, an denen Ernie sich vergeht.

Kurz darauf verstärkt Jodi diese Sammlung. Als es ihr gelingt zu fliehen, glaubt ihr bei der Polizei niemand. „Die Rache ist mein“, sprach schon der Herr - und so nimmt Jodi das Recht in die eigene Hand…


Vorliegende Novelle fügt sich wunderbar stimmig in die Festa-„Extrem“-Reihe ein. Wir kennen Tim Miller bereits aus anderen Titeln und wissen, dass er dem Leser genau das liefert, was dieser von ihm erwartet: jede Menge Gewalt, plakativen Sex und Perversionen.

Dies ist vorliegend nicht anders. Uns begegnet das „gewohnte“ Opfer, das zunächst hilflos seine Rolle ausfüllt. Erst durch Verwicklungen bekommt die Geschundene die Möglichkeit zur Flucht. Dass dies beileibe nicht das Ende des Folterers oder ihres Martyriums darstellt, ist bei Miller nicht überraschend. Wer nun aber annimmt, dass er als Leser den Fortgang der Handlung vorhersehen könnte, der sieht sich überraschend eines Besseren belehrt. Ohne zu viel verraten zu wollen - Miller hält noch einige Wendungen für seine Rezipienten bereit.

Nach dem Motte „In der Kürze liegt die Würze“ bringt er seine Novelle dann zu einem offenen, in sich aber befriedigenden Abschluss, der die Möglichkeit einer wie auch immer gearteten Fortsetzung ermöglicht.