Fay Winterberg: Wien - Stadt der Vampire (Buch)

Fay Winterberg
Wien - Stadt der Vampire
Titelbild: Barbara Brusowski Utzinger
Art Skript Phantastik Verlag, 2012, Paperback, 114 Seiten, 8,70 EUR, ISBN 978-3-9815092-4-3 (auch als eBook erhältlich)

Rezension von Carsten Kuhr

Willkommen im Jahr 2207. Ein Krieg hat die Menschheit technisch zurückgeworfen. Gleichzeitig aber feierten die übernatürlichen Rassen, allen voran Vampire und Werwölfe, ihr Coming-out. Die Unsterblichen brachen das Wissen und die Gebräuche der guten alten Zeit mit, seitdem sind persönliche Kraftfahrzeuge Mangelware, Autobahnen leer und Flughäfen verwaist. Stattdessen feiern Dampflokomotiven, Pferdekutschen sowie in neuerer Zeit Luftschiffe ihre Renaissance.

Über jede Stadt herrscht ein Prinz, der stärkste dort lebende Vampir, und sorgt für Recht und Ordnung. Lilith Avant-Garde, Tochter einer menschlichen Mutter und des Prinzen von Dresden, hat die letzten Monate in Japan verbracht. Nach Deutschland zurückgekehrt findet die Archäologin eine Einladung nach Wien vor.

In der österreichischen Metropole herrscht seit Kurzem ein neuer Prinz, der nicht nur sein Debüt feiern, sondern auch mit den illegalen Werwolf-Fights aufräumen will. Gleichzeitig fasziniert wie überrascht akzeptiert er die Hilfe Liliths, die von dem besonderen Band, das sie und den Prinzen verbindet gefesselt ist….

Steamfantasy, unter diesem Label bieten Autorin und Verlag den Auftakt ihrer bislang auf immerhin bereits drei Romane angewachsene Reihe um die Halbvampirin Lilith an.

Wer nun aber meint, in eine viktorianische Zeit versetzt zu werden, der sieht sich getäuscht. Stattdessen wartet eine Zukunft auf den Leser, in der Vieles an technischem Wissen und Fertigkeiten verloren ging, dafür aber das Leben im Einklang mit der Natur etwas mehr Beachtung findet, als derzeit. Es gibt drahtlose, aus Kupfer gefertigte Telefone, die allerdings wesentlich größer ausfallen, als uns bekannte Smartphones.

In diese Welt, in der es ein wenig geruhsamer zugeht als wir dies derzeit empfinden, stellt uns die Autorin ihre Protagonistin und die Vampire vor.

Die Anlage mit den Prinzen, die jeweils über ihre Stadt herrschen, ist zwar nicht neu, aber als Hintergrund erprobt und bietet die Kulisse für - ja, und da beginnt es, schwierig zu werden. Fay kann sich nicht recht entscheiden, was sie ihren Lesern kredenzen will. Es geht um Mode, insbesondere die hohen Stilettos aber auch Overknees kommen immer wieder zum Einsatz, ein wenig Faszination des charismatischen Prinzen darf auch nicht fehlen, dann aber streut Fay gefährliche Intrigen und Kämpfe ein. Irgendwie wirkt das Ganze als Gesamtobjekt nicht recht austariert, weiß man als Leser nicht so recht, ob uns die Verfasserin nun eine Romantasy oder doch einen packenden Vampir-Roman in der Tradition der von ihr verehrten Anne Rice offerieren möchte. Für einen Text, der die Gefühlswelt der Hauptperson in den Mittelpunkt stellt, sind die entsprechenden Passagen zu kurz, zumal nichts wirklich Entscheidendes passiert. Für einen Vampir-Plot fehlt es an dem großen Ganzen, einem glaubwürdigen Antagonisten. Dazu kommt, dass die mehr angedeutete Hinwendung zum Dampfzeitalter, die sich in den Loks, Pferdekutschen und den Zeppelinen niederschlägt, noch nicht wirklich überzeugend nachvollziehbar begründet wird.

So pendelt dieser Roman ein wenig zwischen angedeuteter Liebesgeschichte, Vampir-Kämpfen und Intrigen, ohne dass er die geweckten Erwartungen wirklich befriedigen würde.