T. S. Orgel, A. S. Bottlinger & S. A. Cernohuby (Hrsg.): Die Hilfskräfte - Die wahren Herren des Dungeons (Buch)

T. S. Orgel, A. S. Bottlinger & S. A. Cernohuby (Hrsg.)
Die Hilfskräfte - Die wahren Herren des Dungeons
Titelbild: Christian Günther
Amrûn, 2018, Taschenbuch, 298 Seiten, 13,00 EUR, ISBN 978-3-95869-354-8 (auch als eBook erhältlich)

Rezension von Carsten Kuhr

Welcher Fantasy-Freund kennt sie nicht, die üblicherweise eher dunklen, verschmutzten Verliese, die in Romanen ebenso wie in Rollenspielen, in PC-Games und zunehmend auch in filmischen Umsetzungen gerne und reichlich eingesetzt werden. Generationen von Rollenspielern gingen in den Dungeons auf Schatzsuche, oder waren mit ihrer Queste um die Befreiung eines zu Unrecht dort Inhaftierten beschäftigt. Dass sie dabei unzählige Fallen und Gefahren zu überwinden hatten, dass blutrünstige Monster auf sie warteten, dass es einen zum Teil herben, ja desaströsen Blutzoll zu entrichten galt, hat die Stollengänge und Zellen legendär gemacht.

Hier, und nur hier wurden Abenteuer begonnen oder beendet, Helden geboren und Feiglinge entlarvt. Bildlich gesprochen trennt sich in den Dungeons die Spreu vom Weizen - soll heißen, hier, im Fegefeuer der Verliese werden die wahren Helden geboren.

Voraussetzung, dass unsere Protagonisten dort glänzen können ist, dass die Verliese und Fallen, die Folterkammern und Käfige auch in Ordnung gehalten und gesäubert werden. Sauber und Dungeon - das widerspricht sich, meinen Sie nun? Na ja, ich habe noch von keinem noch so wagemutigen Recken gelesen, der durch Zentimeter hohen Abfall, durch Fäkalien oder Erbrochenes zu seiner Queste waten musste. Sicherlich, chemisch rein und antiseptisch geht es hier nicht zu, doch gewisse Ordnung muss sein und Reparaturen fallen natürlich auch immer an.

Dass die guten Geister, die sich um die Aufrechterhaltung der Anlagen kümmern, weitgehend unbekannt sind, dass es nur auffällt, wenn sie einmal ausfallen sollten, ist fast tragisch zu nennen. Um dem ein wenig abzuhelfen, um den unbekannten und ungewürdigten Wesen, die dafür Sorge tragen, dass Heldengruppen aller Art ihre Questen überhaupt erst durchführen können, einmal ein Denkmal zu setzen, haben sich vierzehn Autoren jeweils eine ganz eigene Würdigung für die dienstbaren Geister einfallen lassen.


Tom Orgel etwa stellt uns eine Schankmaid vor, die sich als NSC, als Nicht Selbständige Commodität - also als Opfer - einer Heldengruppe angeschlossen hat, und ihre Chancen zu überleben und das Dungeon auf Vordermann zu bringen mit beiden Händen ergreift.
Christian von Aster stellt in seiner unnachahmlichen Art und Weise die bürokratischen Regeln innerhalb eines Verlieses zusammen bevor Judith & Christian Vogt über die Inspektion der IDO für die Verlängerung des betriebsnotwendigen Gold-Status berichtet.
In Stephan Orgels Beitrag stellt sich ein neuer Lehrling vor, der allerdings von seiner Kugel der Kommunikation weit mehr fasziniert ist, als vom Dungeon - was sich letztlich rächt.
Susanne Pavlovic zeigt, dass es auch in Zeiten, da die traditionellen Dungeons ums Überleben kämpfen müssen, noch Nischen für die langweiligen alten Verliese gibt - man muss sie nur finden.
Carsten Steenbergen berichtet wiederum von einer Inspektion der International Dungeon Ordnung, die ein wenig anders abläuft, als die Inspekteure gedacht hatten.
Man weiß, dass Verliese mit magischen Türen immer nur ein einziges Mal betreten werden dürfen. Doch was, wenn wie in Robin Gates Geschichte ein Dschinn für eine Zeitreise in die Vergangenheit sorgt - wird der Vorfall vielleicht gar von der IDO überwacht und verfolgt?
Stephan R. Bellem berichtet uns von einer Abschlussklasse des Dungeons, die in ihre erste Schlacht zieht während Christian Günther uns vom Auffinden der geheimen Karte des Stollensystems durch eine Abenteurer-Gruppe berichtet, die aufgehalten werden muss.
Bernd Perplies widmet sich einem Mortalapperatur-Reiniatialisierer, der Mitleid mit einer Unsterblichen beweist und ihr zur gemeinsamen Flucht verhelfen will.
Rebekka Pax stellt uns ein Türfresserchen, eine Züchterin und ihre Geschöpfe vor, wobei es zum Aufeinandertreffen von Fresserchen und Einhorn kommt.
Stefan Cernohuby berichtet einmal mehr von einer Heldentruppe, die im Dungeon dezimiert wird - sehr zur Freude der diese beobachtenden Magier.
Melanie Vogltanz schließt den Reigen mit ihrer Geschichte um eine hungrige Hydra und deren Fütter-Pflegekraft.


Für Abwechslung ist also gesorgt, Fans der lustigen Fantasy kommen hier ebenso auf ihre Kosten, wie der der eher schwertschwingenden Recken - von Troll- und Gnomen-Groupies wollen wir einmal gar nicht reden… die geraten regelrecht ins Entzücken. Unterhaltsam, überraschend und abwechslungsreich bietet sich der Band an, der einmal mehr beweist, dass sich Fantasy aus Deutschen Landen nicht verstecken muss.