phantastisch! Ausgabe 70 (Magazin)

phantastisch! Ausgabe 70
Titelbild: Michael Vogt
Atlantis, 2018, Zeitschrift, 88 Seiten, 5,95 EUR (auch als PDF-Ausgabe erhältlich)

Rezension von Christel Scheja

Immer noch im vierteljährlichen Abstand erscheinen die Ausgaben der „phantastisch!“, was bei deren Konzeption auch ausreichend ist. Denn immerhin geht es mehr darum, ungewöhnliche und wenig beachtete Spielarten der Phantastik oder aktuelle Trends auf eine andere Art und Weise zu betrachten.

 

Die Autoren haben sich diesmal sehr interessante Themen vorgenommen, sei es nun ein Essay über Kannibalismus in der Literatur und filmischen Welt, etwas was gleichzeitig fasziniert und doch wieder abstößt, eine Hommage an die Pulp-Romane früherer Zeiten, bei denen die Schreiber noch hemmungslos und vor allem politisch inkorrekt drauflos fabulieren konnten, aber auch Nachrufe auf Ursula K. Le Guin.

Etwas literaturwissenschaftlicher ist der zweite Teil von „Cinderella, Beelzebub und ich“. Interviews wurden mit Lavie Tidhar, Rachel Bach und Lieven L. Litaer geführt. Im graphischen Sektor erinnert man an Bob Morane, der hier nur einer kleinen Schar von Fans bekannt ist, und blickt auf die lange Geschichte von Superman zurück.

Neben all diesen Artikeln und den üblichen Kolumnen gibt es auch noch eine Kurzgeschichte von Angela & Karlheinz Steinmüller: „Bücher müssen brennen!“


Auch diesmal liegt der Schwerpunkt wieder mehr auf dem geschriebenen Wort und nicht so sehr auf Bildern, seien sie nun bewegt oder nicht. Die Autoren widmen sich aber höchst unterschiedlichen Themen, so dass diesmal mehr Abwechslung vorhanden ist. Die Texte sind gut lesbar, teilweise mit einem Augenzwinkern geschrieben. Wie immer werden bei den Interviews nicht die üblichen Standardfragen gestellt, so dass die Autoren bei den Gesprächen wirklich aus dem Nähkästchen plaudern.

Gerade der Kannibalismus-Artikel weiß zu gefallen, geht er das Thema doch auf eine sehr interessante Weise an, ohne dabei jemals unter die Gürtellinie zu geraten. Er fasst das Grauen und die Faszination in allgemein verständliche Worte.

Etwas mehr Aufmerksamkeit muss man für die Analyse der Spuren des Cinderella-Mythos in der modernen popkulturellen Literatur und Kunst aufwenden; schafft man dies, erkennt man durchaus den satirischen Unterton des Textes.

Wie immer sind die Macher mehr der Science Fiction als den anderen Spielarten des Genres verhaftet, so dass dies der einzige negative Punkt an dem Heft ist. Die Texte jedenfalls sind alle auf hohem Niveau verfasst und regen teilweise zum Nachdenken an, wie es ein Magazin auch tun sollte, dass sich dem Wort verpflichtet hat.

Alles in allem sollte man sich aber die Ausgabe genauer ansehen, wenn man kann, denn mit seinen ungewöhnlichen Artikel ist auch diese Ausgabe der „phantastisch!“ wieder einmal nur für die Fans, die eher das Spezielle lieben als den Mainstream.