Tekkon Kinkreet - Master Edition (Comic)

Taiyo Matsumoto
Tekkon Kinkreet - Master Edition
(Tekkon Kinkreet All in One, 2017)
Übersetzung von Verena Maser
Cross Cult, 2018, Hardcover, 580 Seiten, 32,00 EUR, ISBN 978-3-95981-734-9

Rezension von Christel Scheja

Für seine Manga-Sektion hat man bei Cross Cult einen bereits 1993/1994 in Japan erschienenen Klassiker der Science Fiction ausgegraben, der nicht nur preisgekrönt, sondern auch in einen Anime umgesetzt wurde. Die Serie „Tekkon Kinkreet“ (eine Wortspielerei mit „Stahlbeton“) kommt nun als Hardcover-Ausgabe und erstmalig in deutscher Übersetzung heraus.

 

Irgendwann in der nahen Zukunft. Takara Town ist eine von vielen Mega-Städten, ein Moloch aus Stahlbeton, Glas und Plastik, in dem die Menschen ihr Leben mehr schlecht als recht fristen. Die meisten führen ein Dasein in Einsamkeit und Angst, denn Kriminalität und Korruption beherrschen die City. Die Polizei hat es längst aufgegeben, etwas gegen die wachsende Macht der verschiedenen Gangster-Banden zu unternehmen, die Beamten machen lieber ihre Augen zu und pflegen ihre wachsenden Neurosen.

Inmitten der Slums leben auch jede Menge Waisenkinder, die sich mit Betteln und Diebstahl durchschlagen, nichts von der Schule und Erziehung wissen wollen, sondern das freie Leben schätzen und sich jedem Zugriff zu entziehen wissen. Auch Kuro und Shiro gehören zu diesen. Die beiden Rotzlöffel sind weder auf den Mund gefallen oder gar zart besaitet. Normalerweise ist ihnen das Wohl ihrer Stadt egal, aber als sie merken, dass irgendwelche Geschäftsleute ihre Heimat in einen Entertainment-Park umwandeln wollen, werden sie doch aktiv und wehren sich mit Verstand, List und fiesen Tricks gegen die skrupellosen Gangster, die glauben, mit den Kindern leichtes Spiel zu haben.


Man merkt dem Manga die Zeit an, in der er entstanden ist. Was der Künstler dort entfesselt ist eine Zukunftsvision, die sich damals auch in vielen westlichen Filmen widerspiegelte: nicht unbedingt völlig düster, aber auch nicht strahlend und schön. Helden im Moloch der Städte waren meistens die Außenseiter, die schrägen Punks jeden Alters, die auf die gesellschaftlichen Normen pfiffen und ihren eigenen Weg gingen.

Das ist auch bei den beiden Jungs der Fall, die nicht nur eine schräge Kleiderwahl haben, sondern auch entsprechend rotzfrech durchs Leben gehen und das tun, was sie wollen. Dabei kennen sie sehr wohl die Konsequenzen ihres Handelns, lassen sich aber dennoch nicht unterkriegen.

Nach einer etwas längeren Vorstellungsphase - man lernt die Stadt, die verschiedenen Interessengruppen und die Gegenspieler kennen - kommt die Handlung langsam in Gang. Das Szenario selbst ist ziemlich überschaubar, denn die beiden Seiten sind recht schnell herausgearbeitet und die Ganoven verhalten sich mehr oder weniger so wie man es von ihnen erwartet; skrupellos beginnen sie ihre Interessen, durchzusetzen, um aus dem Slum ein viel Geld bringendes Vergnügungsviertel zu machen, müssen eben neben den Einheimischen auch die Waisenkinder raus, die dort hausen. Nur erweisen sich gerade diese sehr schnell als erstaunlich harte Brocken.

Mehr als den dünnen roten Faden sollte man nicht erwarten - die beiden Jungs und ihre Freunde zeigen es den fiesen Gangstern wo sie nur können und gewinnen dadurch auch noch ein paar weitere Unterstützer. Dennoch bleiben sie so wie sie sind, froh darüber, dass sie das verteidigen können, was ihnen mehr oder weniger lieb und teuer ist.

Heraus kommt eine actionreiche, oft schräge, aber nicht unbedingt tiefsinnige Geschichte. Die Erzählung setzt auf plakative Momente, freche Jungs, die zu ihrem Leben stehen, ein paar markige Sprüche und einen Schuss rauer Herzlichkeit. Die Zeichnungen erinnern an die der Underground-Comix, sind cartoonhaft verzerrt und nicht unbedingt hübsch. Die Deformationen werden bewusst eingesetzt, um den Charakter der Figuren hervorzuheben. Auch spielen Mädchen und Frauen in dieser Männerwelt keine Rolle.

Letztendlich werden sich vor allem Leser angesprochen fühlen, die kernige Abenteuer vor einer punkig-dystopischen Kulisse und die dazu passenden Helden mögen und auch nichts gegen eine in weiten Teilen vorhersehbare Handlung haben.

„Tekkon Kinkreet“ mag zwar nicht die innovativste Geschichte sein, kann aber durch seine treffend gestalteten Figuren und Zeichnungen, schrägen Momenten und witzigen Wendungen punkten. Es gibt Action satt, die für Spannung sorgt, auch wenn die eigentliche Handlung eher dünn ist und wie auch die Charaktere an der Oberfläche bleibt, so wie es bei vielen Shojo-Titeln ist, die sich in erster Linie an männliche Leser richten.