Marie Brennan: Der Wendekreis der Schlangen - Lady Trents Memoiren 2 (Buch)
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- Kategorie: Rezensionen
- Veröffentlicht: Dienstag, 03. April 2018 20:37

Marie Brennan
Der Wendekreis der Schlangen
Lady Trents Memoiren 2
(The Tropic of Serpents)
Übersetzung: Andrea Blendl
Titelbild und Innenillustrationen: Todd Lockwood
Cross Cult, Taschenbuch, 2018, 390 Seiten, 14,00 EUR, ISBN 978-3-95981-505-4 (auch als eBook erhältlich)
Rezension von Christel Scheja
Marie Brennan hat ein profundes Fachwissen in Anthropologie, Archäologie und Völkerkunde, das sie immer wieder gerne für ihre Romane ausschöpft. Besonders gut kommt das in ihrer neuen Reihe „Lady Trents Memoiren“ zum Tragen, in der sie die Leser in eine phantastische Welt versetzt, die ziemlich an das 19. Jahrhundert erinnert. Erschienen ist nun der zweite Band, „Der Wendekreis der Schlangen“.
Nach dem Tod ihres Gatten könnte Isabella Camhurst sich eigentlich zur Ruhe setzen und ihren Sohn Jacob aufziehen, aber sie ist leider nicht dazu geschaffen ruhig zu Hause zu sitzen und den Gepflogenheiten zu folgen, die eigentlich für eine Dame ihres Standes gedacht sind. Und so nimmt sie gerne dass Angebot von Lord Hilford an, eine Expedition in die Tropen zu begleiten und dort weitere Drachenarten zu erforschen. Zugleich übernimmt sie die Aufsicht über eine junge, noch unverheiratete Frau, die ähnlich abenteuerlustig ist wie sie und vor denen flüchtet, die sich an ihrem Erbe zu schaffen machen wollen.
Die Reise führt sie und die anderen Gelehrten auf den von Kriegen erschütterten Kontinent Eriga, auf dem sie sich nicht nur mit den Problemen, die das Klima mit sich bringt, herumschlagen müssen, sondern auch mit fremden Kulturen und ihren Gebräuchen, Palastintrigen und Geheimnissen, die im Dschungel verborgen liegen.
Marie Brennan mag zwar eine Fantasy-Welt erfunden haben, sie macht aber auch keinen Hehl daraus, dass sie im Grunde viele Elemente aus der irdischen Geschichte benutzt, die man sogar recht leicht erkennen kann. Isabella Camhurst, ihre Freunde und Gönner sind nicht mehr und nicht weniger die typischen Privatleute aus der besseren englischen Gesellschaft, die sich auf Forschungsreisen machen. Ausgestattet mit selbst angeeignetem Wissen und teilweise von studierten Gelehrten begleitet, machen sie sich daran, die Geheimnisse zu lüften, die die Natur bieten, in diesem Fall speziell die der Drachen.
Neben einer grenzenlosen Neugier bricht bei den Hauptfiguren aber auch immer wieder der Standesdünkel durch, denn die fremden Kulturen werden schon mit einer gewissen Arroganz betrachtet, eine Änderung zeigt sich erst nach und nach. Dazu kommen die typischen Abenteuer, die historische Vorbilder auch in Afrika und Arabien erleben konnten.
Phantastisch ist die Handlung nur bis zu einem gewissen Grad, aber gerade das macht auch den Charme der Serie aus. Vieles ist dem Leser vertraut, der sich mit dem Viktorianismus und dem Steampunk beschäftigt hat, anderes auch wieder neu und erfrischend.
Zudem fallen die Figuren auch nicht aus der Rolle. Trotz ihres Status als exzentrische Vorkämpferin für die Rolle der Frauen als Forschungsreisende, bleibt Isabella durchaus den Traditionen ihrer Gesellschaft verpflichtet und bricht nicht aus den Gebräuchen aus und zeigt, was auch in der irdischen Geschichte immer möglich war. Alles in allem mag die Spannung eher moderat sein, die Details selbst sind aber interessant und halten den Leser bei der Stange; auch macht der leichtfüßige Stil es leicht, der lebendigen Handlung zu folgen.
„Der Wendekreis der Schlangen“ hat letztendlich einen ganz besonderen Charme, weil der Roman die Naivität klassischer Abenteuer-Romane mit moderner Fantasy und ohne große Abstriche bei beiden miteinander zu vermischen weiß und dadurch mehr fasziniert als eine actionreiche und epische Drachen-Geschichte, bei der aber die Details nicht so stimmig sind wie hier. Vor allem das Ambiente und Selbstverständnis der Heldin weiß zu fesseln.