Kelley Armstrong: Dunkles Omen (Buch)

Kelley Armstrong
Dunkles Omen
(Omens, 2013)
Übersetzung: Frauke Meier
Heyne, 2017, Taschenbuch, 588 Seiten, 9,99 EUR, ISBN 978-3-453-31857-1 (auch als eBook erhältlich)

Rezension von Carsten Kuhr

Olivia Taylor-Jones ist eine junge Frau, die auf der Sonnenseite des Lebens wandelt. Ein Abschluss in Yale, begüterte Eltern aus Chicago, dazu einen Verlobten, der sich anschickt, zum jüngsten Senator des Staates zu kandidieren - was will man vom Leben mehr? Nun ja, eine wenig sinnvollere, erfüllendere Tätigkeit, als sich ehrenamtlich für die Armen und Missbrauchten einzusetzen, wäre natürlich auch toll. Promovieren in Viktorianischer Literatur, das schwebt der jungen Frau noch vor. Dann aber schlägt das Schicksal erbarmungslos zu.

Paparazzi und gnadenlose Sensationsreporter heften sich an ihre Fersen, wird doch bekannt, dass sie adoptiert wurde. Was sie selbst nie auch nur ahnte, ihre leiblichen Eltern verbüßen eine mehrfach lebenslängliche Strafe für Serienmorde an nicht weniger als vier jungen Paaren. Die Meute der Möchtegern-Pulitzers rückt ihr auf die Pelle, die Verlobung löst sie selbst, ihre Mutter wendet sich von ihr ab, das Geld, um das sie sich nie zuvor sorgen musste, ist auch futsch - und schon findet sie sich bei denen wieder, um die sie sich früher gekümmert hat.

Als sie in Chicago keine bezahlbare Bleibe findet, geht sie nach Cainsville, ein auf den ersten Blick pittoreskes Kaff, eine Kleinstadt, aus der ihre leiblichen Eltern stammen und in dem es nicht unbedingt mit rechten Dingen zugeht - ein Ort, an dem sie überraschend gut zurecht kommt und sich einpasst…


Kelley Armstrong war mit ihren „Otherworld“-Romanen (dt. bei Droemer-Knaur) einer der frühen Stars des Urban-Fantasy-Hypes. In diesen berichtete sie uns von Gestaltwandlern, Zauberern, und Vampiren in ganz unterschiedlicher Ausprägung, die im Verborgenen mitten unter uns leben. Danach brach sie mit den Romanen um Cainsville zu neuen Ufern auf. Zwar gibt es auch hier übernatürliche Sequenzen, spielen Omen zum Beispiel eine wesentliche Rolle, alles ist aber einen Tick mehr in der Realität angesiedelt, fußt im bekannten Hier und Jetzt.

Was zunächst auffällt ist, dass der Käufer und Leser viel Buch fürs Geld bekommt.

Inhaltlich hält sie sich an erprobte Schemata. Drastische Veränderungen, den Fall reicher Figuren in Armut und Elend, sind gern genutzte Topics, und genau so geht der Roman vor. Mit einer Prinzessin, die sich in Aschenputtel verwandelt, beginnt es. Das weckt natürlich das Mitleid der Leser, wobei ihre Eltern - Verbrecher? - für die nötige Dramatik sorgen. Dann die Flucht nach Cainsville. und schon beginnt die nägelkauende Spannung. Was ist los in dem Dorf, das auf den ersten Blick von netten Leuten von Nebenan bewohnt wird? Was verbirgt sich hinter den pittoresken Gebäuden, den handgestickten Vorhängen und der mitfühlenden Art der Bürger? Auftritt des Helfers, eines charismatischen Anwalts, der körperlich mühelos als Quarterback einer jeder Football-Mannschaft durchgehen könnte. Ein Schelm, wer Böses dabei ahnt. Bis ins Finale bleibt der Plot dann interessant und geheimnisvoll, so manche der Mysterien werden sich erst im zweiten Teil, der bereits erschienen, ist auflösen.

Auch wenn vorliegendes Buch in seinem Mittelteil ein paar Längen aufweist, zeigt Armstrong erneut, dass sie erzählen kann, und dass sie stimmig Atmosphäre zu kreieren weiß.