Carthago 1: Die Lagune auf Fortuna (Comic)

Carthago 1
Die Lagune auf Fortuna
(Carthago: Le Lagon de Fortuna)
Text: Christophe Bec
Zeichnungen: Eric Henninot
Farben: Delphine Rieu
Übersetzung: Resel Rebiersch
Lettering: Kai Frenken
Splitter, 2010, Hardcover, 56 Seiten, 13,80 EUR, ISBN 978-3-86869-100-9

Von Frank Drehmel

Spätestens seit Frank Schätzings Roman »„Der Schwarm“« scheint das Geheimnisvolle, das Gefährliche an und in der Tiefsee in die Gedankenwelten eines so großen Publikums vorgedrungen zu sein, dass es für Investoren lukrativ scheint, die Thematik in weiteren Medien breitzutreten, sei es in unsäglichen TV-Shows wie „»Surface«“ oder belanglosen Comics wie „»Carthago“«. Aber ich will der Wertung nicht vorgreifen.

Im Jahre 1993 lässt der Cathago-Konzern in der Unterwasserschlucht von Arunkulta im Tongagraben Bohrungen zur Erschließung riesiger Erdgasvorkommen durchführen und stößt dabei in einem scheinbar abgeschlossenen, weitverzweigten System gewaltiger Höhlen auf urzeitliche Wasser-Geschöpfe, darunter auch den Vorfahren der heutigen Haie, den gigantischen Megalodon. Weil man befürchtet, die UNESCO werde die weitere Erdgasfeld-Erschließung untersagen, lässt der Mann an der Spitze Carthagos die Höhlen versiegeln und befiehlt Stillschweigen über die Entdeckung.

16 Jahre später wird jedoch ein Foto des Megalodons, das Wissenschaftler 1993 unter Einsatz ihres Lebens schießen konnten, sowohl einer radikalen Splittergruppe Greenpeaces namens ADOME, als auch einem geheimnisvollen Tycoon, der als Käufer prähistorischer Kuriositäten berüchtigt und von Regierungen in aller Welt gefürchtet ist, in die Hände gespielt. Während der „Hundertjährige Sammler“ eine Expedition mit der Vorgabe ausrüstet, einen Megalodon zu fangen, engagiert ADOME die Ozeanologin Kim Melville, um dem gigantischen Raubtier auf die Spur zu kommen. Zusammen mit ihrer Tochter Lou, ihrem Freund Martin, der ebenfalls Meeresforscher ist, sowie in Begleitung ihres Auftragsgebers reisen sie auf die Insel Laguna, da hier ein verborgener Zugang zu dem Höhlensystem liegen soll.

Als sie sich schließlich in einem Tauchboot in unbekannte Tiefen vordringen, müssen sie entdecken, dass nicht nur Megalodone die Höhlenwelt bevölkern.

So weit, so unspannend. Dass die Geschichte nicht zu fesseln vermag, hat mehrere Gründe. An erster Stelle stehen dabei sicherlich die Vorhersehbarkeit sowie die ideenlose Schwarz-Weiß-Malerei der Story. Zahlreiche Szenen sind einem so oder so ähnlich schon mindestens hundertmal begegnet, sodass das Ganze wie ein abgeschmackter Mix aus „»The Abyss«“, »„Surface“«, »Primeval«“, „»Der weiße Hai« und vielen weiteren Filmen beziehungsweise Romanen erscheint.

Zum Zweiten funktioniert die Verbindung von durchaus realismusnahen, technischen und evolutionsbiologischen Details mit kruder Soap Opera nicht wirklich. Eine radikale Greenpeace-Splittergruppe, ein alter Sammler in seinem High-Tech-Rollstuhl, ein Mann mit einer Maske an der Spitze eines Weltkonzerns konterkarieren regelmäßig jeden ernsthaften Ansatz, ohne dabei aus sich heraus auch nur entfernt interessant zu sein.

Drittens ist ein Megalodon als zentrales Spannung erzeugendes Moment ja schön und gut, aber letztendlich ist das Vieh auch nicht viel mehr als nur ein zu groß geratener Hai und damit per se nicht sonderlich aufregend (außer für Paläontologen und Evolutionsbiologen).

Was zu guter Letzt den Leser die Stirn in Falten legen lassen könnte, ist der unbeholfene Titel der Alben-Reihe. „»Carthago“«! Es mag sein, dass mir das Hintergründige, was in einer möglichen historischen Anspielung liegen könnte, tatsächlich entgangen ist, aber für mich klingt dieser Name aus dem Comic-Kontext heraus so nichtssagend, als würde man einen Thriller über die Vorfälle des Reaktors Three Miles Island in Harrisburg im Jahre 1979 mit »AmerGen Energy Company“« betiteln, denn der Konzern »„Carthago“« ist lediglich einer von mehreren Playern in jenem Öko-Spiel, das Autor Bec relativ uninspirierend und klischeebeladen vor uns ausbreitet.

Schließen wir mit dem Artwok: mit ambivalent lässt es sich am treffendsten charakterisieren. Während jene Bilder, in denen das Augenmerk auf Technik und Landschaften liegt, nicht nur authentisch wirken, sondern auch ausdrucksstark daherkommen, sind die Panels, in welchen die Figur im Mittelpunkt des künstlerischen Interesse steht – freundlich ausgedrückt –,– visuell reizarm, was zum Teil an den mit ihren weichen Lippen und geschwungenen Konturen auf eine merkwürdige Art „knödelig“ scheinenden, wenig markanten Gesichtern liegt, zum Teil an der zurückhaltenden, kaum expressiven Koloration, die zu sehr um Realismusnähe bemüht ist, um wirklich fesseln zu können.

Fazit: Ein Öko-Thriller ohne wirklichen Thrill, dafür mit flunderplatter Schwarz-Weiß-Öko-Botschaft und durchwachsenem Artwork. Wem es gefällt …