Leslie S. Klinger (Hrsg.): H. P. Lovecraft - Das Werk (Buch)

Leslie S. Klinger (Hrsg.)
H. P. Lovecraft - Das Werk
(A New Annotated H. P. Lovecraft)
Übersetzung: Andreas Fliedner & Alexander Pechmann
Titelbild: Jonathan Gray
Tor, 2017, Hardcover, 912 Seiten, 68,00 EUR, ISBN 978-3-596-03708-7

Rezension von Carsten Kuhr

Was ist das für ein Buch, das da in einem riesigen Format und mit mehreren Kilogramm auf meinem Schreibtisch gelandet ist? Ist es einmal mehr ein Band über das Leben des Einsiedlers aus Providence, oder ist es doch eher eine Werksausgabe und brauchen wir wirklich eine weitere Edition der Geschichten um die Großen Alten? Fragen, die mich umtrieben, als ich mich des Buches annahm. Nun, die Storys von H. P. Lovecraft haben auch in ihrer deutschen Übersetzung eine lange Tradition hinter sich. Zunächst in der legendären, von Kalju Kirde herausgegebenen und grünem Papier gedruckten „Bibliothek des Hauses Usher“ erschienen, legte in den Folgejahren der Suhrkamp Verlag die Bände in Taschenbuchausgaben immer wieder neu auf.

Später folgten die Werkseditionen innerhalb der Edition Phantasia und im Haus des Horrors, dem Verlag Frank Festa. Danach wagte sich auch der Golkonda Verlag an eine Neuübertragung eines ersten Bandes. Fragt man mich, welche Editionen ich empfehlend würde, so ist meines Erachtens klar zu unterscheiden; dem Sammler sei die teure Ausgabe der Edition Phantasia angeraten, die für meinen Geschmack stimmigste Übertragung der Geschichten wartet bei Festa auf den Rezipienten.

Ist da überhaupt noch Platz für eine weitere Werksedition und braucht es diese überhaupt? Nun, zunächst ist festzuhalten, dass der übergroße Band nicht alle Geschichten des Meisters enthält. Nur zweiundzwanzig der subjektiv in den Augen des Herausgebers besten Arkham-Erzählungen fanden Aufnahme, diese wurden dann aber nicht nur ansprechend neu übersetzt, sondern auch auf dem breiten Rand immer wieder von Klinger in rotem Druck kommentiert und erläutert.

Dazu runden unzählige Illustrationen und Fotos den Text ab. So gibt es Titelbilder ebenso zu bestaunen wie Photos der Originalmanuskripte Lovecrafts, Bilder von Handlungsorten und Quellen. Im Anhang wird unter anderem die Geschichte des „Necronomicon“ beleuchtet, es gibt einen Stammbaum der Alten Rassen, eine Zeittafel und auch auf die deutschen Veröffentlichungen Lovecrafts wird in einem extra Kapitel eingegangen.

Aufgenommen hat der Herausgeber folgende Geschichten:
Dagon
Randolph Carters Aussage
Jenseits der Mauer des Schlafs
Nyarlatotep
Das Bild im Haus
Herbert West, Wiedererwecker
Die namenlose Stadt
Der Hund
Das Fest
Das Unsagbare
Cthulhus Ruf
Der silberne Schlüssel
Der Fall Charles Dexter Ward
Die Farbe aus dem All
Das Grauen von Dunwich
Der Flüsterer im Dunkeln
An den Bergen des Wahnsinns
Der Schatten über Innsmouth
Die Träume im Hexenhaus
Das Ding auf der Schwelle
Der Schatten aus der Zeit
Der Schrecken der Finsternis


Um auf meine anfängliche Frage zurückzukommen- braucht es eine neue Werksedition (in einem Buch)? Nun ganz klar lässt sich diese Frage nicht beantworten, eben weil es sich vorliegend um eine kommentierte Ausgabe in einem Band handelt. Das gab es bislang auf dem Markt nicht, bietet dem Leser nicht nur einen kompakten Überblick über das Oeuvre Lovecrafts sondern ordnet die Geschichten auch literarisch ein.

Ich habe bei der Lektüre so Einiges erfahren, das ich bislang nicht wusste, Vieles wurde in einen historischen Kontext gesetzt, Parallelen aufgezeigt und der Inhalt der Geschichten erläutert.

Für Fans und Leser, die sich intensiver mit Lovecraft und seinem Werk beschäftigen möchten also ein absolutes Muss, ebenso wie für reine Buchliebhaber, denn handwerklich ist das Teil ein Hammer und jeden Cent seines Obolus’ wert.