Stephenie Meyer: Biss zum Ende der Nacht (Buch)

Stephenie Meyer
Biss zum Ende der Nacht
Twilight 4
(Breaking Dawn, 2008)
Übersetzung: Sylke Hachmeister
Piper, 2011, Taschenbuch, 794 Seiten, 10,95 EUR, ISBN 978-3-492-25836-4 (auch als eBook erhältlich)

Rezension von Irene Salzmann

Bella und Edward haben geheiratet. Das war die Bedingung, die Bella akzeptieren musste, andernfalls würde Edward sie nicht zur Vampirin wandeln. Nach der Zeremonie hat sie es nun aber nicht mehr ganz so eilig, ihr Dasein als Mensch aufzugeben, denn sie sorgt sich, dass sie danach vielleicht nicht mehr ganz so zu empfinden vermag wie bisher und Edward genau diese Menschlichkeit an ihr vermissen könnte.

Natürlich will Bella auf ihre Hochzeitsnacht nicht verzichten, obwohl das Risiko besteht, dass Edward ihr trotz aller Vorsicht Verletzungen zufügt. Sie verführt ihn, und das hat unerwartete Folgen: Bella wird schwanger. Das Kind reift jedoch extrem schnell heran und droht als Halbvampir, die menschliche Mutter umzubringen.

Edward will, dass Carlisle das Baby entfernt, aber Bella weigert sich.

Renesmee wird geboren, und um Bellas Leben zu retten, wandelt Edward sie. Erneut gibt es Überraschungen, denn das Kind entwickelt sich weiterhin sehr viel rascher als ein Menschenbaby, und Bella hat ihren Blutdurst, anders als jeder Jungvampir, sofort unter Kontrolle. Hinzu kommt, dass der Werwolf Jacob, der lang in Bella verliebt war, auf Renesmee geprägt wird, sodass sich sein Verhältnis zu dem Paar entspannt und dem Kind ein Beschützer zur Seite steht, der zu allem bereit ist.

Über dieses Idyll fällt ein Schatten. Alice sieht, dass die Volturi aus Italien, die darüber wachen, dass die Existenz der Vampire geheim bleibt, in wenigen Wochen die Cullens angreifen und auslöschen werden - wegen Renesmee. Das Gesetz verbietet die Existenz von Vampirkindern, und Halbvampire sind ihnen unbekannt. Aber diese Angelegenheit dient ohnehin nur als Vorwand.


Wie schon in den drei Vorgänger-Romanen schreibt Stephenie Meyer in „Biss zum Ende der Nacht“ Romance groß, Mystery klein und Spannung winzig, d. h., im Vordergrund steht die Dreiecksbeziehung Edward-Bella-Jacob, die nach Renesmees Geburt zu einer reinen Paar-Liebe wird, da sich Jacobs Interesse durch die Prägung auf das Kind verlagert (freilich ohne pädophile Neigung, sondern rein brüderlich-platonisch, bis Renesmee erwachsen ist).

Das Ganze hätte auch ohne fantastische Elemente funktioniert, aber da es im Erscheinungszeitraum der Bücher den großen Vampir- und Werwolf-Hype gab, bot es sich an, auf der Welle mit zu schwimmen. Viel passiert nicht, da die Protagonisten sich gegenseitig anhimmeln und ihre Beziehungen endlos diskutieren, und erst das Auftauchen der Volturi sorgt für ein wenig Spannung, die aber auch wieder zerredet und schnell abgehakt wird.

Die Geschichte ist in drei Abschnitte gegliedert. Im ersten und letzten Teil schildert Bella die Geschehnisse aus ihrer Sicht, im mittleren wird zu Jacob gewechselt. Gegenüber den anderen Romanen ist neu, dass Bella und Edward endlich zusammen sind, altersgerechten (auf die zumeist junge Leserschaft bezogen) Sex miteinander haben, die kindischen Eifersuchtsszenen von Edward und Jacob - Renesmee sei Dank - vorbei sind und auch die Beziehung zwischen Vampiren und Werwölfen auf ein neues Level gehoben wurde, sodass sie zu Verbündeten werden, als in Form der Volturi eine ernsthafte Bedrohung auftaucht.

Diese Punkte stellen eine Weiterentwicklung dar, die ganz logisch ist, denn das Publikum mag irgendwann nicht länger hingehalten werden, sodass sich Bella, was keine Überraschung ist, definitiv für Edward entscheidet und Jacob, nun Leitwolf, als Trostpflaster die Tochter des Paares zugesprochen bekommt. Schon im Band davor wurden die Weichen für eine friedliche Einigung zwischen den Vampiren und Werwölfen gestellt und so der schwelende Konflikt zwischen beiden Gruppen (die Werwölfe verstehen sich als Beschützer der Ansässigen, und gemäß eines Vertrags mit den Vampiren dürfen Letztere keine Menschen beißen oder wandeln, und Bellas Wandlung hätte dann den Grund für einen Kampf mit vielen Opfern geliefert) aus dem Weg geräumt.

Darüberhinaus bleibt jedoch alles beim Alten, da Bella weiterhin ihren supertollen Edward anschmachtet und die schlaflosen Vampire jede Menge Zeit für (jugendfreien) Sex haben, viel geredet und wenig gehandelt wird, Bella, nachdem sie schon als Mensch etwas Besonderes war, nun auch ein supertoller Vampir mit erstaunlichen Fähigkeiten ist, und bei der superniedlichen Renesmee als neues Anhängsel denkt man irgendwie an die typischen kawaii-Maskottchen aus Manga und Anime wie Pikachu, Mokona Modoki, Ryo-ohki & Co., zumal sie wie diese auch wieder über die eine oder andere Gabe verfügt.

In der Summe verläuft die Handlung ohne wirkliche Überraschungen ganz so, wie man es erwartet hat. Die Charaktere himmeln sich gegenseitig an, diskutieren viel, und alle Probleme werden schnell gelöst. Genau genommen ist „Biss zum Ende der Nacht“ ein an Jugendliche adressierter Liebesroman, der auch ohne fantastische Elemente ausgekommen wäre. Ist es genau das, was man lesen möchte, kommt man ganz auf seine Kosten. Verbindet man hingegen Spannung und Action mit Vampiren und Werwölfen, dürfte einem das Liebesgesäusel ziemlich bald auf die Nerven gehen, sodass ein anderer Titel gewiss die bessere Wahl wäre.