Der Rattenfänger von Hameln (Comic)

André Houot
Der Rattenfänger von Hameln
(Hamelin, 2011)
Übersetzung: Rossi Schreiber
Ehapa, 2012, Hardcover, 48 Seiten, 13,99 EUR, ISBN 978-3-7704-3573-9

Rezension von Irene Salzmann

Hameln, 1284: Eine extreme Rattenplage bedroht die Bevölkerung. Die Tiere fressen die Vorräte und die nächste Ernte, sie sind Überträger von Krankheiten, greifen sogar schon Menschen an und töten schließlich einen verkrüppelten Bettler. Die herbeigerufenen Rattenjäger haben den intelligenten Ratten nichts entgegenzusetzen, und die Hamelner werden immer unzufriedener.

Schließlich taucht ein mysteriöser Mann auf, der ein unbekanntes Tier mit sich führt. Gemeinsam machen sie sich ein Bild von der Lage, und der Fremde verspricht, das Problem für hundert Golddukaten zu lösen. Die Stadtväter finden, dass dies sehr viel Geld sei und bezweifeln, dass dem Mann sein Vorhaben gelingen wird, willigen aber ein.

Tatsächlich schafft es der Rattenfänger mit seinem Flötenspiel, die Tiere aus ihren Verstecken ans Ufer der Weser zu locken, woraufhin die Ratten im Fluss ertrinken. Als der Mann am nächsten Tag seinen Lohn fordert, wird er von den geizigen Hamelnern aus der Stadt gejagt. Monate später kehrt er zurück, um sich zu rächen…


Die bekannte Sage ist in eine Rahmenhandlung eingebettet. Ein Krüppel erzählt, wie Hameln von den Ratten befreit wurde und seine Bewohner, weil sie den vereinbarten Lohn nicht zahlen wollten, damit bestraft wurden, dass sie ihre Kinder verloren. Der Erzähler erweist sich schon bald als Augenzeuge des Dramas, und wie er sowie seine stumme Begleiterin, die damals noch Kinder waren, entkommen konnten, ist eine eigenständige Side-Story, welche für die eigentliche Überraschung und Spannung sorgt.

André Houot („Siebengestirn“, „Le Khan“ u. a.) ergänzt den Konflikt durch einige Einzelschicksale. Auch an ihnen werden die Intoleranz, die Angst vor dem, was man sich nicht erklären kann, mehr aber noch Neid, Hass und Verleumdung demonstriert, die keineswegs nur für das Mittelalter charakteristisch sind. Wie die Beiden als einzige der Rache des Rattenfängers entgehen, sollte man selbst lesen.

Die Illustrationen sind realistisch mit einer Neigung zur Überzeichnung bei den Figuren, die auch hässlich sein dürfen. Die Panels sind sehr detailreich und in natürlichen, erdigen Nuancen koloriert.

„Der Rattenfänger von Hameln“ ist ein schönes Comic-Album, das mit einigen Überraschungen aufwartet, zum Thema passende Zeichnungen bietet und vor allem die Freunde von realer Geschichte, Fantasy, Sagen und Märchen anspricht.