Jonathan L. Howard: Das Erbe - Carter & Lovecraft 1 (Buch)
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- Kategorie: Rezensionen
- Veröffentlicht: Montag, 16. Januar 2017 15:01

Jonathan L. Howard
Das Erbe
Carter und Lovecraft 1
(Carter & Lovecraft, 2015)
Übersetzung: Andrea Bottlinger
Titelbild: Martin Frei
Cross Cult, 2016, Taschenbuch, 400 Seiten, 18,00 EUR, ISBN 978-3-86425-854-1 (auch als eBook erhältlich)
Rezension von Gunther Barnewald
Jonathan L. Howard ist auch hierzulande bekannt für seine wunderbare Serie um den doppelbödigen Charakter Johannes Cabal. Im vorliegenden Werk gelingt ihm eine wunderbare Hommage an die Werke seines berühmten (und längst verstorbenen) Kollegen Howard P. Lovecraft.
Lovecraft, ein Fan des Düsteren und zudem zu Lebzeiten ein verschrobener US-amerikanischer Provinzbewohner, genießt heute Kultstatus, was bedeutet, dass einige Fans seine Werke abgöttisch lieben, während viele andere Leser seinen stilistisch unbeholfenen, aber oft auch grandios verschwurbelten Geschichten nichts abgewinnen können.
Schon in den Kapitel-Überschriften des vorliegenden Buchs finden sich die Titel von Lovecrafts Geschichten wieder. So wird aus: „Das Unglück, das über Sarnath kam“ hier „Das Unglück, das über Saydam kam“, da der Serienmörder, den Detective Daniel Carter (der berühmte Protagonist bei Lovecraft heißt ja Randolph Carter und entpuppt sich schließlich als Onkel des Protagonisten) mit einem Kollegen jagt, eben Saydam heißt. Auch sonst wird aus „Schatten über Innsmouth” hier „Schatten über Providence”, aus „Träume im Hexenhaus” wird „Träume im Haus der Bücher” und aus „Grauen in Red Hook” wird „Der Mörder von Red Hook”. Andere Titel wie „Das Ding auf der Schwelle”, „Das merkwürdig hoch gelegene Haus im Nebel” oder „Flüsterer im Dunkeln” werden einfach übernommen.
Howard erzählt die Geschichte von Detective Daniel Carter, der nach dem seltsamen und völlig unerklärlichen Selbstmord seines Polizeikollegen frustriert und schockiert den Dienst quittiert. Bald erbt er ein altes Haus, in dem sich ein Antiquariat befindet. Bewirtschaftet wird dieses von Miss Lovecraft, der letzten lebenden Nachfahrin des berühmten Autors. Die beiden werden in unheimliches, gruseliges Geschehen verwickelt und es zeigt sich, dass einige von Lovecrafts Erzählungen doch realistischer und weniger weit hergeholt sind, als man annehmen könnte...
Howard schmiedet eine respektvolle und dicht geschriebene Verbeugung vor Lovecrafts Werk, welche jedoch ebenfalls eine eigenständige und vor allem spannende Geschichte darstellt.
Und gerade wenn man als Leser meint, die Handlung würde in dümmlichen Klischees ertrinken (wieder einmal meinen US-amerikanische Protagonisten, mit Waffengewalt ließen sich alle Probleme probat ausradieren), konterkariert der Autor diese Klischees wieder und perforiert sie bis zur Unkenntlichkeit.
Wunderbar auch die beiden beschriebenen mysteriösen Morde, wobei das erste Opfer auch noch Belasco heißt (welcher Grusel-Fan denkt hier nicht an eines der berühmtesten Geisterhäuser aller Zeiten, das verfluchte Belasco-Haus, ersonnen von Richard Matheson für seinen Roman „Hell House“, den er auch als Drehbuch umsetzte für die Verfilmung unter dem Titel „The Legend of Hell House“, dt. als „Tanz der Totenköpfe“, mit Roddy McDowall). Absicht oder Zufall? Der Rezensent unterstellt Absicht, auch wenn er für das zweite Opfer Bernie Hayesman leider keine Referenz im Internet (und in seinem Gedächtnis) finden konnte.
„Das Erbe“ ist auch für Leser, die kein Fan von Lovecraft sind, ein äußerst unterhaltsamer und wunderbar gruseliger Roman. Wer gut geschriebene unheimliche Horror-Geschichten mag, der sollte hier zugreifen. Die Fans von H. P. Lovecraft kommen ebenfalls bei diesem liebevollen Tribute auf ihre Kosten, vor allem wenn man bedenkt, dass schon eine größere Menge Schriftsteller vergeblich versucht hat, Lovecrafts Werk erfolgreich fortzusetzen (oft mit „erschütternden” Ergebnissen). Howard gelingt zumindest ein wirklich unterhaltsames Buch.