Jennifer Estep: Spinnenfeuer - Elemental Assassin 6 (Buch)

Jennifer Estep
Spinnenfeuer
Elemental Assassin 6
(By a Thread)
Übersetzung: Vanessa Lamatsch
Piper, 2016, Paperback, 382 Seiten, 12,99 EUR, ISBN 978-3-492-28081-5 (auch als eBook erhältlich)

Rezension von Carsten Kuhr

Ich hatte mir doch nur einen einfachen, unterhaltsamen, sorglosen Urlaub gewünscht. Ein Wochenende, an dem ich mich ein wenig entspannen und endlich versuchen konnte, eine echte Beziehung zu meiner Schwester aufzubauen. Der malerische Küstenort Blue Marsh, in dem meine Schwester aufgewachsen war, schien dazu ideal. Also rein ins Cabriolet, und auf gen Osten. Doch kaum im luxuriösen Ressort angekommen, lerne ich die beste Freundin meiner Schwester kennen - und ihren Verlobten, meinen Ex-Lover!

Dass dann ein fieser Ganove eben jene Freundin bedroht, ja uns unschuldigen Touristinnen seine Mörderbande auf den Hals hetzt, macht mich so was von sauer! Und wer mich kennt, der weiß, wenn ich sauer werde, dann sieht es für die andere Seite meist nicht mehr so gut aus, so von wegen einen Meter unter der Grasnarbe für die bösen Jungs.

Doch dann erweist sich der Verbrecher als weit gefährlicher als gedacht - und entzieht mir all meine Magie. Gut, dass ich als Profi-Killerin nicht nur auf diese angewiesen bin, sondern immer auch noch einen Satz scharfer Klingen mit mir führe…


Die Welle der Urban Fantasy ebbt langsam aber deutlich ab. Die meisten der Autorinnen, erstaunlicherweise sind es hauptsächlich Verfasserinnen, die uns von Ausnahmen wie Jim Butcher und Kevin Hearne abgesehen, die Topics um Vampire, Werwesen und Hexen näherbringen, haben ihre Serien oftmals abgeschlossen und sich neuen Ufern zugewandt. Dass sie dabei leider oftmals Schwierigkeiten haben, ihre Leser mitzunehmen ist kein Geheimnis.

Jennifer Estep dagegen führt ihre „Elemental Assassin“-Reihe fort. Zwar hat sie mit ihrer All-Age-„Black Blade“-Trilogie (Deutsch bei Ivi) eine andere Reihe an den Start geschickt, doch auch die Romane um Gin Blanco, genannt die Spinne, werden fortgesetzt.

Im letzten, dem fünften Teil, hatte Gin Rache für die Ermordung ihrer Familie genommen. Mab, die das organisierte Verbrechen in Ashland dominiert hat, die gleichzeitig eine mächtige Feuermagierin war, ist nicht mehr. Eigentlich, so dachte ich, ist die Reihe damit in sich rund und befriedigend abgeschlossen -  und war erstaunt, als ich erfuhr, dass Estep weitere Romane schreibt.

Nach einer Zäsur sieht es dabei auch nicht wirklich aus. Ohne jegliche zeitliche Lücke schließt vorliegender Roman an die bisherige Handlung an. Und auch inhaltlich geht es nach dem alten Motto weiter, sprich, unsere frühere Auftragsmörderin, die jetzt auf dem Pfad des Guten wandelt, sucht sich ein neues, fieses Opfer. Neben ein paar wenigen erotischen Szenen konzentriert sich die Handlung in der Folge dann auf die Auseinandersetzung zwischen Gil und dem Fiesling. Und dieser, ein 300 Jahre alter Vampir, zieht alle Register. Er manipuliert, er missbraucht die eigene Ehefrau und andere Opfer, ist ein Sadist erster Güte. Gil kommt - erneut - an ihre Grenzen, überschreitet diese und triumphiert letztlich, wenn auch knapp.

Das funktioniert, nachdem wir dies im letzten Band bereits einmal hatten,  gerade noch so, auch und insbesondere, weil die Spinne sich mittlerweile auf ein erprobtes Netzwerk von Helfern verlassen kann. Aber, und dies ist ein großes ABER, die Autorin hat diese Karten jetzt ausgereizt, da wird es zukünftig schwierig werden, noch draufzusatteln.

Natürlich verfolgen wir Leser gebannt das Duell zwischen dem Vampir und der Spinne, doch letztlich wäre dies zu wenig, um uns bei der Stange zu halten. Vorliegend zieht der Plot aus dem Wiederauftauchen von Gils früherem Freund neue Dramatik, und dies ist auch gut so. Letztlich aber bleibt abzuwarten, ob und wie sich Estep mit Gil neu erfindet, oder ob sie ins Selbstplagiat abrutscht.

Vorliegender Roman jedenfalls bekommt die Kurve, unterhält packend und mitreißend und lässt die Zeit der Lektüre wie im Flug vergehen.