Literatur-News

Erschienen: "Der verkaufte Appetit"

In der Edition Dornbrunnen ist "Der verkaufte Appetit" von Sir Walter Besant und James Rice erschienen (Taschenbuch, 64 Seiten, 7,00 EUR). Die Geschichte eines hungernden Mannes, der in einer ausweglosen Situation unbedacht etwas verkauft, wovon man annehmen sollte, dass der Verlust kaum der Rede wert ist. Doch schnell wandelt sich das Leben des nun wohlhabenden Verkäufers in einen Alptraum, eine nie enden wollende Hölle, aus der ihn der sadistische Käufer nicht entlassen will.

Diese sozialpolitische Kritik steht in ihrer drastischen Bildhaftigkeit in der Phantastischen Literatur des 19. Jahrhunderts einzigartig da. 1876 erstmals abgedruckt und 1884 nur ein einziges Mal in deutscher Sprache in einem Familienblatt veröffentlicht, sorgte dieses Meisterwerk zwar nicht bei der Mehrheit der Leserschaft für Resonanz, aber ein Herr war maßgeblich beeindruckt: Noch im selben Jahr kopierte ausgerechnet Paul Lafargue, der Schwiegersohn des Philosophen Karl Marx, diese Erzählung und änderte noch nicht einmal den Titel. Noch heute wird der Text allein Lafargue zugeordnet und weiterhin in seinen Werkausgaben abgedruckt, obwohl er später der Erzählung eine fiktive Einleitung voranstellt, in der er sogar erwähnt, dass Besant und Rice von "einem ähnlichen Fall" berichtet hätten.
So sehr die ungleiche Kräfteverteilung zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern schon vor 150 Jahren für sozialen Brennstoff sorgte, so relevant ist diese Anklage auch heute wieder.