Atlan X 1: Lotse im Sandmeer, Hans Kneifel (Buch)

Atlan X 1
Hans Kneifel
Lotse im Sandmeer
Titelillustration und Karte von Arndt Drechsler
FanPro, 2009, Taschenbuch, 316 Seiten, 9,00 EUR, ISBN 978-3-389064-188-1

Von Irene Salzmann

Vor rund 10.000 Jahren verliert Atlan sein Schiff und seine Crew und ist seither auf der Erde gestrandet. Nach dem Untergang von Atlantis zieht er sich in seine Tiefseekuppel zurück, wo er unter der Obhut des Roboters Rico schläft. Nur wenn der Erde Gefahr droht – sich ein Raumschiff nähert –, weckt die Positronik den Arkoniden. Er handelt als Beschützer, aber auch als Lehrer, der die Entwicklung der Menschheit lenkt, denn er benötigt ein Schiff, um seine Heimat wiedersehen zu können.

Auch um 2000 v. Chr. greift Atlan ein, als sich eine Bedrohung für die Erde abzeichnet. Danach zieht er sich mit seiner Gefährtin Asyrta-Maraye nach Südengland zurück und verbringt mit ihr einige ruhige Tage – zu ruhig für seinen Geschmack, so dass ihm der Auftrag des Pharaos Amenemhet sehr gelegen kommt: Als reicher Kaufmann und Schiffsbauer Ahiram-Acran getarnt, soll Atlan neue Handelswege erforschen und herausfinden, wo sich die nomadisierenden Schmuggler, die die Einkünfte der Ägypter beträchtlich schmälern, verbergen. Während Atlan sein Unternehmen plant, glaubt er, eine Warnung von ES zu erhalten. Was wird Atlan und seine Begleiter erwarten, je weiter sie in die Sahara vordringen?

Um die Antwort vorwegzunehmen: nichts oder nicht viel. Natürlich hat man hohe Erwartungen, wenn man zu einem Buch von Hans Kneifel greift, die der Autor – gemessen an seinen eigenen Standards – nicht immer erfüllen kann. Leider trifft das auch auf diesen Roman zu, hinter dem eine lange Geschichte steht.

Ursprünglich sollte »Lotse im Sandmeer« als Hardcover unter dem Moewig-Fantastic-Label erscheinen. Die Reihe wurde jedoch kurzfristig eingestellt, so dass das Manuskript als E-Book umgesetzt wurde. Nach einer neuerlichen Überarbeitung wurde es nun als Taschenbuch bei FanPro veröffentlicht, um Auftaktband der neuen »Atlan X«-Reihe zu sein, die den Zeitabenteuern der Titelfigur gewidmet ist, während die andere FanPro-Serie den USO-Missionen vorbehalten bleibt. »Lotse im Sandmeer« ist außerdem der erste Band der »Kreta«-Trilogie, der die chronologische Lücke zwischen den »Perry Rhodan«-Planetenromanen 173 und 177 schließen wird.

Wer die ›alten‹ »Atlan-Zeitabenteuer« las und liebte, erwartet zweifellos vergleichbare Konflikte: Atlan erfährt von der Landung mehr oder minder bekannter Invasoren und versucht, diese aufzuspüren. Zum einen will er verhindern, dass die ungeschützte Erde zur Kolonie skrupelloser Mächte wird, zum anderen hofft er, ein Schiff zu kapern, das ihn nach Arkon bringt. Gleichzeitig wird ein Stück belegter Geschichte auf phantastische Weise aufbereitet. Atlan ist Ratgeber von Fürsten, Heerführer in Schlachten, Lehrmeister von Forschern und vieles mehr. Diese Mischung aus wohl dosierten SF-Elementen und Geschichte war stets eines der Highlights innerhalb der »Perry Rhodan«-Serie.

Woran es liegt, dass der zündende Funke bei »Lotse im Sandmeer« nicht überspringen mag, muss jeder für sich selbst entscheiden. Vielleicht liegt es daran, dass das Buch mehr historischer Roman als SF ist. Man könnte meinen, der Autor habe ein vages Manuskript, das zum historischen Roman hatte ausgebaut werden sollen (verschiedene Titel erschienen bei Schneekluth, Goldmann u.a.), zu einem »Atlan«-Abenteuer umgeschrieben und die Action, die sonst in einem Buch für Spannung sorgte, auf drei Bände ausgedehnt. In Folge vermisst man eine fesselnde Handlung, da die Geschehnisse monoton vor sich hinplätschern und zum Ende hin kein nennenswerter Höhepunkt herausgearbeitet wird. Selbst wenn man den Titel unter dem Aspekt des historischen Romans betrachtet und die Sachkenntnis des Autors würdigt – »Erklärungen« und ein »Glossar« erläutern alte und Eigennamen beziehungsweise den geschichtlichen Hintergrund –, fehlen spannende und überraschende Entwicklungen.
Auch die Personen wollen dem Leser nicht ans Herz wachsen, sondern bleiben schablonenhaft und austauschbar. Die Dialoge wirken gestelzt und entbehren des Sarkasmus, durch den sich Kneifel-Charaktere immer auszeichneten (Joak Cascal, Claudia Chabrol, Vivier Bontainer, Oomph Amber usw.). Ihre Motivation ist durch Langeweile sehr simpel erklärt, und die meiste Zeit scheinen sie sich auf einer Sightseeing-Tour und nicht auf einer gefahrvollen Mission zu befinden.

Alles in allem möchte man »Lotse im Sandmeer« lieber dem Genre ›historischer Roman‹ als der ›SF‹ zuordnen. Da die Charaktere an der Oberfläche bleiben und der Story eine wirklich spannende Handlung fehlt, wird das in sich abgeschlossene Buch nur eingefleischten Fans und Sammlern zusagen. Wer sich mehr erhofft, dürfte nach der Lektüre enttäuscht sein, denn der Band vermag nicht an die Glanzzeiten der Zeitabenteuer anzuknüpfen.
Aber vielleicht steigert sich der Mini-Zyklus mit dem nächsten Teil …