Andreas Eschbach: Time*Out (Buch)

Andreas Eschbach
Time*Out
Titelbild von Frauke Schneider
Arena, 2012, Hardcover, 450 Seiten, 18,99 EUR, ISBN 978-3-40106-630-1 (auch als eBook erhältlich)

Von Christel Scheja

„Time*Out” ist nach „Black*Out” und „Hide*Out” der dritte und abschließende Teil der Near-Future-Trilogie von Andreas Eschbach, in der er eine düstere Zukunftsvision präsentiert, die durchaus vorstellbar sein könnte, wenn die Vernetzung der Welt in dem Maße weiter fortschreitet.

Durch die Entwicklung besonderer Mikrochips ist die sogenannte „Kohärenz“ entstanden, eine Schwarmintelligenz, die nicht nur die Gehirne von Menschen miteinander verbindet, sondern auch beherrscht. Sie ist daran interessiert, sich auszubreiten und ihren Einfluss zu vergrößern, bis sie die ganze Menschheit kontrolliert. Denn in ihr zählt nur das wir, nicht aber das individuelle Denken eines Wesens. Christopher, einst als „Computer-Kid“ bekannt, hat dies schon früh zu spüren bekommen und seine Eltern verloren. Es ihm zwar gelungen, sich dem Einfluss der Schwarmintelligenz zu entziehen und, seinen Vater zu retten, der an der Entwicklung der Chips mitgearbeitet hatte und so vielleicht auch helfen könnte, sie wieder zu zerstören – aber die „Kohärenz“ wächst weiter, geht zu einem neuen Schritt in der Vernetzung der Menschheit über.

In dem Versteck des in der Öffentlichkeit als Umweltterroristen geltenden Jeremiah Jones beobachten Christopher und seine Freundin Serenity mit Schrecken, wie sich immer mehr Menschen freiwillig in die Arme der Schwarmintelligenz begeben. Eine „Lifehook“ genannte Technologie macht es allen von nun an möglich, mit anderen zu kommunizieren, sich auszutauschen und auf das Wissen Fremder zurückzugreifen. Die Chips, die in die Nase eingesetzt werden müssen, kosten nicht viel, so dass die entsprechenden Läden, die wie Pilze aus dem Boden schießen, regen Zulauf haben, vor allem in Amerika. Da erhält Christopher von seinem Mentor, dem „Pentabyte-Man“ erschreckende Nachrichten. Offensichtlich ist die „Kohärenz“ auf ihn aufmerksam geworden und versucht ihn so gut sie kann auszuschalten. Warum – das weiß er auch nicht. Um dem Älteren beizustehen und herauszufinden, was ihn für die Schwarmintelligenz so interessant gemacht hat, begeben sich Christopher und Serenity auf eine gefahrvolle Reise nach Europa.

Sicherheit ist trügerisch, denn der Feind wird immer wieder neue Mittel und Wege finden, um sich auszubreiten und denen, die ihm gefährlich werden können, auszuschalten. Das wissen auch die Helden des Buches, die jetzt zwar Luft hohlen können – aber wissen, dass sie sich nicht zu lange ausruhen dürfen. Denn mit jeder Minute, die sie warten, wird die Gefahr größer und übermächtiger. Erneut müssen die jungen Helden, allen voran Christopher, die Initiative ergreifen, um die Menschheit zu retten. Andreas Eschbach nimmt sich sehr viel Zeit dafür, um dies aufzubereiten und zu zeigen, dass die „Kohärenz“ ihr letztes Pulver noch nicht verschossen hat. Gleichzeitig macht er darauf aufmerksam, dass die totale Vernetzung so wie in „Lifehook“ beschrieben, nicht nur Vorteile bringt, sondern auch die Gefahr, sich selbst zu verlieren und andere zu verraten. Kleine Nebenhandlungen sorgen für das entsprechende Grauen, die subtilen Maßnahmen der Schwarmintelligenz, sich zu erweitern.

Der Autor folgt dem klassischen Handlungsmuster und bringt die Helden in eine schier ausweglose Situation. Doch dann kommt ihnen etwas zur Hilfe, was jeder, der schon einmal mit Netzwerken zu tun hatte, durchaus nachvollziehen kann. So gesehen ist die Lösung sehr logisch und sinnvoll, dürfte aber nicht jeden Leser zufriedenstellen, denn leider spielt der Zufall auch ein wenig zu sehr in die Entwicklungen mit hinein. Bis es aber zum Showdown kommt, ist die Geschichte schlüssig und spannend, bietet interessante zwischenmenschliche Entwicklungen und zeigt, dass auch Computerfreaks durchaus menschliche Regungen haben dürfen.

Die Handlung ist zwar komplex und erfordert gelegentliches Mitdenken, bleibt aber in einem jugendgemäßen Rahmen, so dass Gewalt und Grausamkeit nur verhalten und eher punktuell eingesetzt werden. Alles in allem zeigt Eschbach, dass er sein Handwerk versteht, aktuelle Entwicklungen aufzugreifen und populärwissenschaftlich weiterzuspinnen, ohne dabei Spannung und Handlung zu vergessen.

So ist auch „Time*Out“ ein unterhaltsamer Near-Future-Thriller, der neben älteren Jugendlichen auch Erwachsene anspricht und zeigt, zu was die weltweite Vernetzung eines Tages fähig sein könnte. Gerade dieser Twist macht die Geschichte umso spannender und eindringlicher, auch wenn sie noch nur erfunden ist.