Ulrike Schweikert: Engel der Verdammten (Buch)

Ulrike Schweikert
Engel der Verdammten
Peter von Borgo 4
Titelillustration von Carolin Liepins
Lyx, 2012, Taschenbuch mit Klappenbroschur, 350 Seiten, 9,99 EUR, ISBN 978-3-8025-8224-0 (auch als eBook erhältlich)

Von Carsten Kuhr

Nach einigen Monaten, die sich für sie wie Jahre anfühlten, ist Oberkommissarin Sabine Berner wieder im Dienst. Noch nicht ganz wieder in Amt und Würden eingesetzt, stößt ihr Verehrer, der Vampir Peter von Borgo, auf Hinweise auf einen Verbrecherring, der Mädchen und junge Frauen aus Osteuropa und Asien zur Prostitution und als Hausmädchen verdingt – und sie, wenn sie gar zu lästig werden, auch wieder entsorgt.

Ein kleines Mädchen ist der erste Hinweis, zwei Leichen, die mit durchschnittener Kehle aufgefunden werden, weisen den Weg in die bessere und betuchte Gesellschaft der Hansestadt Hamburg. Gemeinsam mit ihrem Galan macht sich Sabine Berger auf, die Rätsel um die ermordeten Frauen aufzuklären und stößt zunächst auf eine Mauer des Schweigens. Die Luden sorgen dafür, dass ihre Mädchen nicht mit der Polizei reden, die besseren Kreise, die sich ihre Sklavinnen für teuer Geld eingekauft haben, halten dicht, zu peinlich wäre der Skandal, würde bekannt werden, dass in den Luxusvillen an der Elb-Chaussee rechtlose Frauen ausgebeutet und geknechtet werden.

Immer deutlich wird das Ausmaß des Unrechts – die Sklaverei, eigentlich vor Jahrhunderten abgeschafft- erlebt eine Renaissance – und dies nicht etwa in der Sahel-Zone oder in einem vom Bürgerkrieg zerbombten rechtlosen Staat, sondern mitten in der Wohlstandgesellschaft Deutschlands…

Ulrike Schweikert nutzt erneut ihren faszinierenden Vampir Peter von Brogo, um uns eine weitere Geschichte aus der Hansestadt zu erzählen. Wie ihre Vorgänger, die allesamt bei Lyx neuaufgelegt beziehungsweise in Erstveröffentlichung vorgelegt wurden, präsentiert sie uns eine gelungene Mischung aus Kriminalroman und übernatürlichen Einflüssen. Geschickt inkludiert sie dabei romantische Einflüsse mit kriminalistischen Spürsinn, fügt eine Prise Erotik und jede Menge Rätsel hinzu und überrascht, ja entsetzt mit einer glaubwürdigen Darstellung des Leids der betroffenen Sklavinnen.

Gerade weil derartige Vorgänge durchaus vorstellbar sind, macht den Leser das Schicksal der missbrauchten Frauen betroffen. Hier legt die Autorin, geschickt in eine spannende Ermittlung verpackt, den Finger in eine Wunde unserer modernen Gesellschaft. Können sich gewisse, betuchte Kreise wirklich alles leisten, ohne vom Gesetz dafür belangt zu werden? Kann man sich Recht mit einem teueren Anwalt kaufen? Wo bleiben Anstand und Moral?

Das sind Fragen, die sich – gerade weil die Lücke zwischen Arm und Reich immer weiter auseinander klafft – gegenwärtig immer deutlicher aufdrängen und die vorliegend, in einen mitreißenden Krimi verpackt, deutlich angesprochen werden. Insoweit hat mich vorliegender Roman gepackt, mich betroffen gemacht, mich packend unterhalten.