Karneval 1 (Comic)

Touya Mikanagi
Karneval 1
Aus dem Japanischen von Monika Hammond
EMA, 2012, Taschenbuch, 194 Seiten, 6,99 EUR, ISBN 978-3-7704-7748-7

Von Irene Salzmann

Seit 2006 publiziert Touya Mikanagi kurze Mangas in der Anthologie „Arcana“ („Ichijinsha“), in der Künstler, die in den Josei-Magazinen „Zero Sum“ und „Ward“ veröffentlichen – beispielsweise Kazuya Minekura („Saiyuki“, „Saiyuki Gaiden“, „Wild Adapter“), Yun Kouga („Gestalt“, „Loveless“) und Yuki Amemiya/Yukino Ichihara („07-Ghost“) –, vertreten sind. Von ihrer ersten Serie „Karneval“ liegen in Japan 10 Tankobons vor; die Serie ist noch nicht abgeschlossen.

Soweit sich Nai erinnern kann, lebte er zusammen mit Karoku, den er als älteren Bruder betrachtet. Eines Tages ist dieser verschwunden. Zurückgeblieben ist lediglich Karokus Armreif – in einer Blutlache. Nai begibt sich auf die Suche nach dem Vermissten, da er nicht glauben will, dass Karoku tot ist. Seine Unwissenheit und Naivität werden ihm jedoch fast zum Verhängnis, denn man nimmt ihn gefangen, und als Sklave erwartet ihn ein grausiges Schicksal. Zufällig bricht der Taschendieb Gareki in das Haus ein, in dem Nai eingesperrt wurde. Der mysteriöse Armreif interessiert ihn genauso wie Lady Mine, die nicht das ist, was sie vorgibt zu sein. Gareki und Nai können entkommen, doch macht man nun Jagd auf sie, da man glaubt, sie seien verantwortlich für das, was anschließend in dem Haus passierte.

Als Nai und Gareki erneut in Bedrängnis geraten, werden sie von den Mitgliedern der geheimnisvollen Organisation Circus gerettet. Die beiden erfahren, dass Circus nicht hinter ihnen her ist sondern hinter den Verbrechern, die Monster erschaffen – Monster wie Lady Mine. Karokus Armreif gehörte ursprünglich Circus und ist ein älteres Modell, mit dem Nai nichts anzufangen weiß, doch viele Personen würden ihn gern in ihren Besitz bringen. Nai hofft, bei Circus endlich etwas über den Verbleib seines Bruders zu erfahren.

Nai, der auf dem Titelbild des Mangas zu sehen ist, ist in einem Stil gezeichnet, der frappierend an Yun Kougas Serie „Loveless“ erinnert, ebenso die Details wie Pflaster (sieht man öfters an Ritsuka, der wohl auch dasselbe Alter wie Nai hat), Verbandsstreifen am Hals (Soubi) und der Schmetterling (Soubi zeichnet immer Schmetterlinge). Ob das eine Hommage an die Kollegin sein soll oder reiner Zufall ist, weiß Touya Mikanagi allein – und EMA nutzt diese Ähnlichkeit, um für „Karneval“ zu werben, dass der neue Titel die „Loveless“-Fans begeistern würde.

Beginnt man den Manga zu lesen, stellt man fest, dass sich Yun Kouga und Touya Mikanagi stilistisch durchaus unterscheiden. Die Figuren in „Karneval“ wirken leicht überzeichnet und ähneln durch ihren schlanken, langgliedrigen Körperbau eher den Protagonisten in Yana Tsobosos „Black Butler“, während die Charaktere in „Loveless“ (von den Katzen-Attributen einmal abgesehen) etwas realistischer und niedlicher anmuten. Inhaltlich gibt es insofern Parallelen, dass Nai die mysteriöse Organisation Circus sucht, um seinen Bruder Karoku zu finden, während sich Ritsuka bezüglich seines tot geglaubten Bruders Seimei Antworten von Seven Moon erhofft. Nai findet in Gareki einen Freund und Helfer, auch wenn dieser seine eigenen Ziele zu verfolgen scheint, und sogar Circus unterstützt ihn, aus welchen Gründen auch immer. Ritsuka steht Soubi, ursprünglich Seimeis Kämpfer, zur Seite. Wie zuverlässig Soubi ist, muss sich nun zeigen, nachdem Seimei wieder auftauchte und Seven Moon nicht wirklich das Böse repräsentiert.

Man hat den Eindruck, dass „Karneval“, auch wenn die phantastische Serie viele Rätsel und Überraschungen bietet, doch etwas einfacher aufgebaut ist und eher dem gängigen Schema vom Suchen und Finden folgt. „Loveless“ hat diesen Punkt bereits hinter sich gelassen, denn längst geht es um die Frage, was wirklich mit Seimei und Ritsuka passiert ist, was hinter den Kämpfen steckt, welche Motive die einzelnen Protagonisten beflügeln, wobei der Symbolgehalt und die Worte der Macht zu mehr Komplexität und ungewöhnlichen Entwicklungen verhelfen.

Leserinnen ab 13 Jahre sollten, unabhängig von „Loveless“, „Karneval“ eine Chance geben, da die Handlung spannend ist und die Charaktere sympathisch sind. Leider ist der Spaß nicht ganz billig, denn mit mindestens zehn Bänden ist zu rechnen, und jeder kostet knapp 7,00 EUR. Vorbei die Zeiten, als ein Manga noch 5,00 DM gekostet hat. Als Taschengeldempfänger wird man sich den Kauf von mehrbändigen Serien, von denen nicht einmal gewiss ist, ob sie komplett erscheinen, wohl gründlich überlegen.