David Macinnis Gill: Das Mars-Labyrinth (Buch)

David Macinnis Gill
Das Mars-Labyrinth
(Black Hole Sun, 2010)
Aus dem Amerikanischen von Frauke Meier
Bastei Lübbe, 2012, Taschenbuch, 344 Seiten, 8,99 EUR, ISBN 978-3-404-20665-0 (auch als eBook erhältlich)

Von Thomas Harbach

Mit „Das Mars-Labyrinth“ beginnt Bastei Lübbe in seiner regulären Science-Fiction-Reihe eine neue Serie von Young-Adult-Werken, deren Auftaktband unabhängig vom sehr cineastischen Stil an einer Variation des Klassikers „Die sieben Samurai“ beziehungsweise „Die glorreichen Sieben“ in Kombination mit den Morlocks aus „Die Zeitmaschine“ erinnert. David Macinnis Gill hat als Universitätslehrer mit dem Schwerpunkt Jugendliteratur an verschiedenen Hochschulen gearbeitet, bevor er 2009 mit dem Schreiben begonnen hat.

Sein erster Roman, „Soul Enchilada“, ist mit verschiedenen Preisen ausgezeichnet worden. „Black Hole Sun“ als Auftakt einer Reihe um die Regulatoren Durango und Vienne ist sein zweiter, im Original im 2010 veröffentlichter Roman.

Wie es sich für einen futuristischen Action-Roman gehört, eröffnet der Autor die Handlung mit einem Knalleffekt und führt seine wichtigsten Protagonisten für den weiteren Handlungsverlauf typisch ein. Durango und seine Gruppe freier Söldner sollen die Tochter einer einflussreichen Frau aus den Händen einer Gruppe von Gangstern befreien. Diese haben nicht nur die Tochter sondern auch ihren „wertlosen“ Bruder entführt und über eine giftige Kloake gehängt. Der erst siebzehnjährige Durango wird bei allen Missionen von seiner künstlichen – aber mit einer zynischen Grundeinstellung gesegneten – Intelligenz namens Mimi begleitet, die seine gutmütig naive wie forsche Vorgehensweise mit meist unbeachtet bleibenden Ratschlägen auszugleichen sucht. Mit dieser solide geschriebenen Sequenz führt der Autor auch den Handlanger der lange im Hintergrund agierenden Antagonisten ein. Natürlich steht der Fall, ohne dass Durango und seine Männer/Frauen es wissen, auch mit dem nächsten Auftrag in einem indirekten Zusammenhang. Bevor Gill diesen Bogen schlägt, lässt er sich ein wenig Zeit, den allerdings übertrieben und unrealistisch wirkenden Hintergrund seiner Protagonisten und ihrer aus verschiedenen kulturellen Versatzstücken der Erde zusammengesetzten marsianischen Kultur zu erläutern.

Durango und Vienne sollen siebzehn Jahre alte Söldner sein. Angesichts der Kampferfahrung und ihrer bisher fragmentarisch erzählten Lebensgeschichte wirken sie entweder für ihr Alter zu ernst, zu früh erwachsen geworden oder der Autor hat ihr fiktives Alter zu niedrig angesetzt. Die Ausbildung zu Regulatoren inklusiv entsprechender Panzerung und vor allem auf ihre Biosignale abgestimmten Waffen erfolgt in Anlehnung an die japanische Samurai-Tradition durch Meister. Sie dauert mehrere Jahre. Durangos Vater war ein einflussreicher Konzernchef und anscheinend auch Innenpolitiker, der von Neidern in eine unmögliche Situation gedrängt wurde. Diese Schwäche nutzten seine Gegner aus brachten ihn ins Gefängnis, wo er an einem Krebsleiden langsam sterben wird. Die über zweihundert Regulatoren unter seinem Kommando haben einen rituellen Selbstmord gemacht, wobei Durango die Entleibung von seinem Vater verboten worden war. Er konnte Vienne von der gleichen Tat abhalten. Egal wie man es dreht, in diesen Punkten macht Gills Zukunftsvision keinen Sinn. Der Autor gibt keine weiteren Angaben über die Anzahl der Marsianer preis. Die Zivilisation befindet sich auf einer Zwischenstufe der gegenwärtigen irdischen Technik und einer hierarchisch diktatorisch geordneten Frontiersiedlung. Trotzdem überzeugt ein Selbstmord von zweihundert ausgebildeten Kriegern nicht. Starke Bilder ohne Sinn und Verstand. Genauso wenig überzeugt die Idee, dass der siebzehnjährige Durango mit einer kleinen Truppe als Söldner in dieser archaischen Kultur wirklich überleben und seine Technik auf dem neuesten Stand halten kann. Zusätzlich finanziert er die Versorgung seines Vaters, welche die Hälfte seines Einkommens als selbstständiger Söldner verschlingt.

Akzeptiert der Leser diese für Jugendbücher so typischen „Ungereimtheiten“ entwickelt sich eine zumindest über weite Strecken sehr stringente, solide, aber oft zu vordergründig erzählte Abenteuergeschichte mit einem Protagonisten, der im Gegensatz zur deutlich reiferen und nuanciert beschriebenen Vienne noch einen großen Teil seines Reifeprozesses vor sich hat.