Jan Mayen 10: Land der Vergangenheit, Paul Alfred Müller (Buch)

Jan Mayen 10
Land der Vergangenheit
Paul Alfred Müller
Titelillustration von Walter Rosch
Verlag Dieter von Reeken, 2012, Paperback, 338 Seiten, 22,50 EUR, ISBN 978-3-940679-60-4

Von Carsten Kuhr

In schöner Regelmäßigkeit und pünktlich setzt Dieter von Reeken die Neuausgabe der Jan-Mayen-Abenteuer fort. Nur mehr zwei Paperbacks warten auf ihre Produktion, dann ist die Neuausgabe der zweiten großen Serie aus der Schreibwerkstatt Paul Alfred Müllers abgeschlossen. Es wurde zu Beginn viel gemunkelt, ob die Reihe ihre Leser und Käufer finden würde, ob der Verleger das Versprechen, die Bände regelmäßig anzubieten, auch wahrmachen würde. Zu viel Geschirr ist vor einigen Jahren kaputtgegangen, als der Schweizer SSI Verlag mit einem vergleichbaren Projekt um „Sun Koh“ nach nur einem Band kläglich scheiterte.

Nun, dem Vernehmen nach hat PAM auch heute noch seine Leser, der Verleger ist mit dem Absatz zufrieden, und auch die Fans der PAM’schen Erzähl- und Dialogkunst erfreuen sich der Ausgabe im aktuellen Neusatz.

Den Auftakt macht diesmal die Fortsetzung der bereits im 9. Sammelband begonnenen Handlung um einen Mord. Ein reicher Händler in den südostasiatischen Kolonien wurde, als er seiner Angebeteten einen Heiratsantrag machte, nicht nur verprügelt, sondern auch erschossen. Ein geheimnisvoller indischer Wahrsager versorgt den ermittelnden Polizisten mit Hinweisen, verhindert aber auch, dass belastende Hinweise über die Frau bekannt werden. Als Jan Mayen die Sache näher untersucht, wartet der Weissager mit Informationen über Jan auf, die er nach menschlichem Ermessen eigentlich nicht wissen dürfte…

Anschließend macht unser Heldtrio die Bekanntschaft eines gar merkwürdigen Mannes. Nachdem dessen Sohn in der Timorsee verunglückte und von den zahllosen, dort lebenden Haien so bedroht wurde, dass er seine geistige Gesundheit verlor, hat sich Bradford ganz der Jagd auf die Haie verschrieben. Neben dem Vermögen, das er mit der Haut und dem Gebiss der Meeresjäger machte, hat er eine, die ganze Region umfassende Wetterstation aufgebaut. Als sein Sohn im Sterben liegt, bringt Jan Mayen den alten Mann an das Todesbett seines Sohnes…

Die argentinische Pampa ist ein karges, ein raues Land. Neben trockenem Steppengras wächst hier nur eines: Rinder. Von den wilden Gauchos, die mit dem Rücken ihrer Pferde scheinbar verwachsen sind, bewacht, sind sie der wahre Reichtum der Haziendas und ihrer Besitzer. Eine der größten Haziendas gehört Dona Gibreno, eine etwas eigenwillige, verschrobene Frau, die sich gebärdet wie einer ihrer wilden Gauchos. Dass sie ihre Nichte in Buenos Aires in einem Kloster untergebracht hat, hindert sie nicht daran, für diese einen Mann zu suchen. In Jan Mayen wird sie fündig, zumindest hat es sich die resolute Dame so in den Kopf gesetzt. Zum Glück für Jan und dessen Verlobte aber greift einmal mehr das Schicksal ein. Der Enkel eines deutschen Einwanderers, der als Gaucho auf der Rinderfarm beschäftigt ist, verliebt sich in die Erbin der Hazienda ohne zu ahnen, wer die schöne Unbekannte ist. Nach diversen Verwicklungen – ein schwieriges Testament und ein fieser Vormann dürfen hier nicht fehlen – findet das junge Glück dann in drei Heften doch noch zueinander.

Vor einigen Jahren war BSE/Rinderwahn in aller Munde. Als hätte es PAM geahnt, berichtet er uns von einer heimtückischen Seuche, die Gicht- und Rheumaanfälle auslöst und durch den Verzehr frischen Fleisches ausgelöst wird. Die Suche nach der Auflösung des Rätsels führt Jan Mayen nicht nur in die Schlachthöfe Chicagos, sondern auch auf die Spur eines Veterinärs…

Danach kommt er einem perfiden Verbrechen auf die Spur. Eine Bande will sich des Goldschatzes der USA bemächtigen. Was eigentlich als undenkbar gilt, das haben sich die Verbrecher schlau ausgedacht. Die Festung, in der die Milliarden in goldglänzendem Metall ruhen, sitzt auf einem Kalksteinsockel. Mittels Brennflamme trennen sie den Kalkstein in seine Bestandteile auf und schmelzen sich einen Weg durch den Fels. Der dabei frei werdende Kohlenstoff soll als angenehmer Nebeneffekt die zunehmende Abkühlung der Erde aufhalten. Auch wenn Müller sich bei letzterer Annahme getäuscht hat – die globale Erderwärmung spricht ein anderes Bild – ist die Idee als solche interessant. Statt brachial mit Dynamit die Festung aufzusprengen, versuchen die Ganoven, sich ihr von unten und unbemerkt zu nähern. Dass sie dabei ihren unfreiwilligen Arbeitern dem Tod aussetzen, verbuchen sie unter Kollateralschaden.

Die Suche nach den Hintermännern des Verbrechens führt Jan Mayen im letzten Band des Dreiteilers nach Nordafrika. Hier stößt er mitten in der Sahara auf einen Sumpf, in dem sich nicht nur die Verbrecher breitgemacht haben, sondern in dem auch die Flora und Fauna der Kreidezeit überlebt hat. Leider nutzt Müller im Gegensatz zu Conan Doyle („Die vergessene Welt!) den Aufhänger kaum, um uns von den Dinosauriern zu berichten.

Abschließend führt uns der Autor nach England. Im Haus eines Spaßartikel-Erfinders tappt Bunny in eine Falle. Der Hausherr wurde ermordet, Bunny am Tatort entdeckt. Zusammen mit einem findigen Inspektor von Scotland Yard kommt Jan Mayen den Tätern auf die Spur.

Zwischenzeitlich ist die Mischung, mit der Müller seine Leser an die Seiten zu bannen wusste, bekannt. Ein klein wenig Romantik, viele exotische Handlungsplätze, fiese Bösewichte und vom Schicksal zu Unrecht gebeutelte, aufrechte Männer sind die Bestandteile, aus denen er seine Abenteuer zusammensetzte. Dabei ließ er immer wieder wissenschaftliche Erkenntnisse der damaligen Zeit mit einfließen, versuchte sich auch als technisch-utopischer Prophet, und sorgte dafür, dass seinen Helden zumeist ihr Happy End winkte. Auch wenn vorliegende Romane dem Fan der utopisch-phantastische Spekulationen wenig Neues bieten, fesseln die Beschreibungen der Verbrechen und ihrer Lösung doch. Das hat viel Tempo und fasziniert den Leser, auch wenn sich Vieles wiederholt.