Kage Baker: Der Amboss der Welt (Buch)

Kage Baker
Der Amboss der Welt
(The Anvil of the World)
Aus dem amerikanischen Englisch übersetzt von Bettina Ain
Titelillustration von Oliver Graute
Feder & Schwert, 2012, Taschenbuch, 384 Seiten, 12,95 EUR, ISBN 978-3-86762-082-6

Von Carsten Kuhr

Schmied, wie sich der Mann mangels Abstammung, Name oder Familie selbst nennt, ist einer der erfolgreichsten Assassinen der Welt. Dennoch ist er mit seinem Dasein nicht zufrieden. Was nur fehlt ihm? Reichtum kann er sich verdienen oder zusammenstehlen, Macht verschafft ihm seine Profession, doch irgendetwas fehlt. Nennen wir es eine Bestimmung, einen Sinn im Leben, Freunde und Familie. So lernen wir ihn auf der Flucht vor sich selbst, als einsamen Mann, kennen.

Er soll als Karawanenmeister eine Gruppe Reisender sicher an ihr Ziel bringen. Der Weg führt sie durch die Steppe der Grünen, der Yendri, dann durch das Land der Dämonen vorbei am Hort des Schwarzen, des Herrn des Berges, eines unsterblichen Magiers, bis hin in die See- und Hafenstadt Salesh-an-der-See. Wie nicht anders zu erwarten wird die Karawane überfallen, geflügelte Meuchelmörder suchen sie heim, und das Leben wird richtig interessant, als sich einige der Mitreisenden als Attentäter, Dämonen und Kinder des Herrn der Berge entpuppen.

Kaum in Salesh-an-der-See angekommen, beschließt Schmied, sich umzuorientieren. Zusammen mit der Köchin der Karawane erwirbt er ein heruntergekommenes Hotel, in dem nur zu bald sein ehemaliger Passagier, Ermenwyr, der Sohn des Herrn des Berges, mit seinen Dämonen Quartier bezieht. Dieser kidnappt Schmied, um eine uralte Waffe der Götter, den Schlüssel der Aufhebung, einst auf dem Amboss der Welt geschmiedet und dafür gedacht die Kinder der Sonne zu vernichten, an sich zu bringen. Dabei entpuppt sich unser ehemaliger Attentäter und Neuhotelier als etwas mächtiger als gedacht…

Was ist das für ein Buch, das Feder & Schwert hier von der viel zur früh verstorbenen Autorin auflegt? Fantasy – ja, die Handlung spielt in einer archaischen, an der Grenze zum Dampfzeitalter angekommenen Welt, beinhaltet Magier und Dämonen und Naturvölker.

Bei einer Geschichte über einen Assassinen erwartet man unwillkürlich eine Story, in der es um das Geschäft des Auftragsmordens geht. Weit gefehlt, nehmen Gewaltdarstellungen doch erstaunlich wenig Raum ein, laufen allenfalls im Hintergrund, werden in einem Nebensatz erwähnt, stehen aber nie im Zentrum des Textes. Dabei präsentiert sich der Text als Aneinanderreihung von miteinander verbundenen Novellen.

Schaut man sich das Gebotene dann näher an, so präsentiert sich der Text darüberhinaus noch vielschichtiger. Was zu Beginn als munteres, actionreiches Abenteuer beginnt, uns eine interessante Welt mit unterschiedlichsten Gegenden und markanten Gestalten vorstellt, das entwickelt ab der Mitte des Buches echten Tiefgang. Die Autorin setzt sich mit der Tendenz des Menschen, seine Umwelt zu zerstören, im Gewand des Fantasy-Plots auseinander. Die Yendri, die sich als Naturvolk nicht nur die Dreifelderwirtschaft sondern auch den Schutz der Natur auf ihre Fahnen geschrieben haben, gesellen sich hier zu den dämonischen Magiern, die den ihre Umwelt gedankenlos vernichtenden Kindern der Sonne abwartend skeptisch gegenüberstehen.

Es geht darum, dass den Menschen immer und unaufhaltsam Verbrechen, Hunger und Krieg folgten, darum, ob es nicht besser für die Erde wäre, wenn die Menschheit vernichtet würde. Oder ob andere Völker es besser machen würden, es mehr verdient hätten, als Kinder der Götter über die Erde zu herrschen oder besser in Einklang mit ihr zu leben. Das ist ungewöhnliches Gedankengut für einen Fantasy-Roman, der neben guter Unterhaltung mit dem Pfund eines grünen Gedankenguts wuchert.