Janine Höcker: Seele einer Eiche (Buch)

Janine Höcker
Seele einer Eiche
Titelbild von Michael Preissl
Voodoo Press, 2011, Taschenbuch, 244 Seiten, 13,95 EUR, ISBN 978-3-902802-09-5

Von Christel Scheja

Die 1983 geborene Janine Höcker lebt heute mit ihrer Familie in der Nähe von Bonn. Sie interessiert sich für Pen- & Paper-Rollenspiele, die japanische Kultur und nicht zuletzt auch für Phantastische Literatur. Seit mehr als zehn Jahren schreibt sie Romane und Kurzgeschichten, vornehmlich in ihrer eigenen Fantasywelt Thargannion. Sie gibt auch gelegentlich Anthologien heraus. „Seele einer Eiche“ ist ihr neuestes Werk und im Japan der Jetztzeit angesiedelt.

Aiko hofft, eines Tages Karriere als Schauspielerin zu machen und dann auch im Ausland bekannt zu werden. So verfolgt sie nicht nur die anspruchsvolle Ausbildung, sondern verdient sich auch nebenher ihren Lebensunterhalt als Lehrerin. Bisher hat sie geglaubt, ganz normal zu sein – bis zu dem Tag, als der stattliche Tetsuka vor ihr erscheint und sie einfach entführt. Damit beginnen Abenteuer in einer Welt, die sie bisher nicht für möglich gehalten hat.

Mitten im modernen Japan führen zwei Vampirclans erbittert Krieg gegeneinander. Während Tetsuya Freundschaft und Frieden zwischen allen übernatürlichen Wesen und den Menschen herstellen will, hat sein Vater ein anderes Ziel. Der mächtige Vampirfürst will seine Rasse zur Mächtigsten der Welt machen. Um zu verhindern, dass dies gelingt, will Tetsuya die Seele seiner Mutter aus einer Eiche befreien, die auf dem geweihten Grund eines Tempels steht. Sie allein besitzt die Kräfte, um ihren früheren Gemahl aufzuhalten.

Aiko nun ist der Schlüssel zur Befreiung, da sie einen Teil der unsterblichen Essenz der Vampirfürstin in sich trägt. Ihr Körper könnte die neue Heimat von Tetsuyas Mutter werden. Aber wie so oft mischen sich menschliche Gefühle mit ein und erschweren die ganze Sache. So steht Aiko bald vor einer schweren Entscheidung. Soll sie den Mann unterstützen, den sie liebgewonnen hat, oder dafür hassen, dass er ihr aus selbstsüchtigen Interessen etwas Grausames antun will?

„Seele einer Eiche“ ist glücklicherweise kein Liebesroman. Die Autorin konzentriert sich in erster Linie auf die Mythologie und das Abenteuer – die Prise an Gefühlen ist eine nette und stimmige Zugabe, die dem Ganzen noch etwas Würze gibt.

Die Figuren sind allesamt sehr stark und wissen was sie wollen. Auch Aiko schmilzt im Angesicht von Tetsuka nicht dahin, sondern entscheidet und handelt viel von sich selbst aus. Sie ist keine verhuschte und ängstliche Heldin, sondern bleibt aktiv von Anfang bis Ende, auch wenn ihr gelegentlich die Hände gebunden sind. Auch bei den Vampiren und Werwölfen gelingt es Janine Höcker, westliche Vorstellungen mit fernöstlicher Mythologie zu verbinden und so eine ganz eigene Atmosphäre zu schaffen. Man meint immer wieder, bekannte Elemente zu erkennen, wird aber durch ungewohnte Zusätze überrascht. Auch als übernatürliche Wesen Japans agieren die Helden glaubwürdig und angemessen. Tetsuya hat ebenso wie sein Freund Ryu Ecken und Kanten. Auch Aiko darf immer einmal wieder schwach sein, so dass für Abwechslung gesorgt ist. Interessant ist auch, dass die Autorin am Ende fast japanischen Traditionen folgt und das Drama dadurch noch einmal in ungeahnte Höhen treibt. So wirkt das letzte Kapitel fast noch einmal wie ein Zugeständnis an den westlichen Leser.

Alles in allem bietet „Seele einer Eiche“ eine spannende Geschichte um Magie, Vampire und andere Wesen der Nacht, aber nicht nur das interessante fernöstliche und in sich stimmige Setting, sondern auch der Umgang mit der Handlung machen den Roman auch für Genre-Fans interessant, die mehr als eine blasse Liebesgeschichte suchen.