Barb & J. C. Hendee: Vergessene Zeit – Dhampir 7 (Buch)

Barb & J. C. Hendee
Vergessene Zeit
Dhampir 7
(In Shade and Shadow)
Aus dem amerikanischen Englisch übersetzt von Andreas Brandhorst
Titelillustration von Max Meinzold
Lyx, 2011, Paperback, 442 Seiten, 13,99 EUR, ISBN 978-3-8025-8469-5

Von Carsten Kuhr

Der erste Zyklus um die Halbvampirin Magiere und den Elfen Leesil war abgeschlossen, die Reihe eigentlich zu einem in sich stimmigen, würdigen Abschluss gebracht. Wie so oft aber können weder Fans noch Autoren von der liebgewonnenen Welt lassen, sodass sich ein zweiter Zyklus an den beendeten Plot anschließt.

Während derartige Fortsetzungen zumeist einen eher laschen Aufguss der ersten Bände darstellen, und kaum einmal zu überzeugen wissen, geht das Autorenehepaar Hendee einen anderen, Erfolg versprechendären Weg. Sie wechseln kurzerhand die Erzählerin und mit dieser den Kontinent.

Wir begleiten die angehende Weise Wynn Hygeorth bei ihrer Rückkehr zu ihrem Orden. Im Rucksack führt sie die alten Schriftrollen, die sie im eisigen Gebirge einer der uralten Edlen Toten entwendet hat, mit sich. Statt ihr aber für die sensationellen Funde zu danken, und sie an deren Entschlüsselung mitarbeiten zu lassen, wird die junge Reisende aufs Abstellgleis geschoben. Andere Gelehrte übersetzen die von ihr unter Lebenseinsatz ergatterten Schriften, das Ergebnis bleibt ihr ebenso verschlossen wie die Anerkennung. Statt auf ihre Warnungen vor einer Wiederkunft eines uralten Übels zu hören, wird sie stillgestellt.

In der Folgezeit kommt es zu Morden. Junge Adepten, die die kopierten Übersetzungen von den Schreibern in die Hallen der Weisen holen sollten, werden überfallen, ihr Haar ergraut in Sekunden, ihre Mienen sind von Grauen gezeichnet. Während sich der Anführer der königlichen Ordnungsmacht daran macht, die Verbrechen zu untersuchen ist Wynn nur zu klar, dass ein Untoter hinter den Überfällen steckt. Als scheinbar niemand auf sie hören will, macht sie sich eigenmächtig auf die Suche nach dem Täter – und stößt auf Verbündete wie den Vampir Chane und einen der Feenhunde, einen Majay-hì, aber auch auf uralten Geheimnisse und mörderische Gegner…

Der Wechsel der Erzählperspektive weg von dem Dhampir und der Vampirjägerin Magiere hin zu der Forscherin Wynn tut dem Roman gut. Mit der jungen Weisen haben wir eine ganz andere Protagonistin, aus deren Sicht die Handlung beleuchtet wird. Nicht länger ist eine toughe, impulsive und so manches Mal unbeherrschte Kämpferin unsere Erzählerin, sondern eine junge, manchmal noch unsichere Frau, eine Denkerin, macht sich an die Aufklärung der Verbrechen.

Über weite Strecken präsentiert sich der Roman dann auch mehr als ein Kriminalplot, als dass die übernatürlichen Sequenzen ihn bestimmen würden. Es geht um die Aufklärung der Morde. Wer steckt hinter den Angriffen, wie wurden die Gewaltverbrechen begangen und welches Motiv treibt den Täter. Das „Who did it“ gibt den Autoren die willkommene und geschickt genutzte Möglichkeit, die politischen wie gesellschaftlichen Organisation der Königsstadt und der Gilde der Weisen zu portraitieren, neue Figuren einzuführen und die Handlung insgesamt auf breitere Füße zu stellen.

Gerade im reizvollen Kontrast – hier die Gilde der Weisen mit all ihren Geheimnissen, ihrer auch arkanen Macht, dort der königliche Inspekteur, der mit kriminalistischen Spürsinn versucht die Verbrechen aufzuklären – liegt denn auch die Stärke des Romans.

Eingebettet in das Mysterium, das verborgen hinter all der Geheimhaltung steckt, erwartet den Leser ein übernatürlicher Detektivroman, der inhaltlich fesselt und mit faszinierenden Mysterien geradezu überhäuft ist. Die Handlung nimmt neue Fahrt auf, packt den Leser und weckt Interesse, wie es wohl weitergehen wird.