Jan Mayen 6: Violan, Paul Alfred Müller (Buch)

Jan Mayen 6
Violan
Paul Alfred Müller
Titelillustration von W. Rosch
Verlag Dieter von Reeken, 2011, Paperback, 320 Seiten, 22,50 EUR, ISBN 978-3-940679-51-2

Von Carsten Kuhr

Was wären die Fans der utopisch-phantastische Literatur ohne die Kleinverlage? Monat für Monat erscheinen in den jeweiligen Reihen Titel, die der Fan längst vergriffener Serien seit Langem vergeblich sucht, zumeist in liebevoll und sorgfältig aufgemachten Neuausgaben. Was „Macabros“ bei Blitz, „Mark Brandis“ bei Wurdack oder „Dorian Hunter“ bei Zaubermond, das ist die „Neuentdeckung“ von „Jan Mayen“ im Verlag Dieter von Reeken.

Letztere geht bereits in ihre sechste Runde, die Hälfte der 120 Originalheftchen liegt damit, im Neusatz gesammelt und wie üblich pünktlich, vor. Wie inzwischen bereits gewohnt ist der Druck sorgfältig, die ursprünglichen Heftcover werden als Illustrationen erneut beigegeben.

Im Vorwort führen die beiden Herausgeber, neben Dieter von Reeken ist der bekannte Sammler, Essayist und Nachlassverwalter Müllers Heinz J. Galle mit an Bord, aus, dass und wie Müller bei sich selbst Anleihen nahm.

Schon beim Verfassen der Manuskripte achtete er darauf, Handlungsbögen möglichst in Viererblöcken zu Papier zu bringen, die sich dann, nach Abschluss der Heftreihe, leicht in eine Buchausgabe umarbeiten ließen. Dass sich selbige, zumindest was „Jan Mayen“ anbelangt, nicht realisieren ließ, hing mit der wirtschaftlichen Situation im Nachkriegsdeutschland zusammen. Stattdessen fanden auch immer wieder „Jan Mayen“-Romane Aufnahme in die „Sun Koh“-Buchausgabe.

Vorliegend erwarten wieder Romane der Leser, die man getrost unter der Rubrik Abenteuer- beziehungsweise Kriminalroman zusammenfassen kann.

Zunächst wird die an einen Western erinnernde Handlung um Ganoven zu Ende geführt, die sich der Goldbarren Jan Mayens annehmen wollen. Hier fällt auf, dass der Autor das erste Mal überhaupt zu Beginn eines neuen Romans die Handlung der vorhergehenden Titel kurz zusammenfasst.

Dem folgt mit „Die gelben Barren und Der Doppelgänger“ ein Doppelband, den PAM seiner anderen großen Reihe „Sun Koh“ entlehnt und nur ein wenig umgearbeitet hat. Die Versilberung der edlen Schätze, das Waschen des Goldes in konvertierbare Währungen, ist gar nicht so einfach, wie man sich dies gemeinhin vorstellt – zumal findige Diebe sich auf die Fährte unserer Helden setzen. Dass seine Helden dabei gar zu oft mittels Gas außer Gefecht gesetzt werden, mag man dem Autor verzeihen, zu interessant ist dann die Auflösung der Geschehnisse.

Der folgende Dreiteiler, „Violan“, wendet sich dann wieder mehr technischen Themen zu. Ein Wissenschaftler macht eine Aufsehen erregende Entdeckung und will diese versilbern. Dass ihn seine extravagante, luxussüchtige Frau dafür einspannt ein unfertiges – noch dazu gefährliches – Produkt anzubieten, gibt dem Autor die Gelegenheit, einmal mehr den moralischen Zeigefinger zu heben. Ein unter Druck erzeugtes, künstliches Material explodiert nach einer kurzen Zeitspanne – was sich für die Interessenten, Diebe und Wissenschaftler zum Teil als fatal herausstellt.

Danach geht es endlich einmal nach Grönland. Im noch ewigen Eis treffen unsere Protagonisten dann auch wieder auf ihren alten Widersacher Micero. Und wie wir dies von dem Fiesling nicht anders erwarten, wird einmal wieder Jans Braut, die bezaubernde Ursula van Thiel, entführt. Zwar gelingt es ihr, der Gefangenschaft zu entgehen, Jan und Don Rafael haben sich aber schon nach Südamerika aufgemacht um die Verschwundene zu suchen – und stoßen dort auf eine Mine, in der Micero Sklaven für sich schuften lässt.

Der Abschluss des Bandes führt uns nach Afrika. Ohne dass Jan Mayen und seine Freunde bislang groß in Erscheinung getreten sind erzählt Müller uns hier von der Suche einer Tochter nach ihrem seit Jahrzehnten verschollenen Vater und dem Versuch, die vermeintliche Erbin eines großen Landbesitzes zu übervorteilen.

Die ganz großen technischen Visionen bleiben im sechsten Band außen vor, dafür erwarten den Leser erneut spannende Handlungen um Verbrecher, Tunichtgute und Lebemänner, die aber ein ums andere Mal durch unsere Helden auf den rechten Pfad der Tugend zurückgeführt werden. Man mag dies als stereotyp und schablonenhaft bezeichnen, aber es liest sich spannend und locker auf einen Rutsch, unterhält dabei ebenso fesselnd wie exotisch und lässt den Leser die Umgebung vergessen.