Rainer M. Schröder: Das Erbe des Clans – Die Medici-Chroniken 3 (Buch)

Rainer M. Schröder
Das Erbe des Clans
Die Medici-Chroniken 3
Titelillustration von Klaus Steffens
Arena, 2011, Hardcover, 578 Seiten, 19,95 EUR, ISBN 978-401-06201-3

Von Christel Scheja

Mit „Das Erbe des Clans“ schließt Rainer M. Schröder seine Trilogie „Die Medici-Chroniken“ ab. Nach dem Aufstieg der Familie unter Cosimo und Lorenzo di Medici droht nun der erst langsame und dann rasante Niedergang. Auch die heimlichen Herrscher von Florenz müssen sich der Tatsache beugen, dass es immer eine Generation gibt, die all das verspielt, was die Vorfahren angehäuft haben.

Zwanzig Jahre nach der Machtübernahme in Florenz steht Lorenzo di Medici immer noch an der Spitze seines Clans. Aber er ist müde geworden und spürt schon jetzt, wo er noch im besten Alter ist, den Schatten des Todes über sich. Mit Sorge blickt er auf seinen ältesten Sohn Piero, der am allerwenigsten dazu geeignet ist, die Geschicke des Hauses zu führen. Seine anderen Söhne sind leider schon für einen anderen Lebensweg bestimmt – gerade der mittlere ist sein wichtigster Trumpf gegenüber den geistlichen Herren Italiens, soll er doch schon bald Karriere in der kirchlichen Laufbahn machen. Auch bleibt ihm nicht verborgen, dass es in Florenz hinter den Kulissen gärt. Die Familie hat immer noch genug Feinde, die nur auf eine Gelegenheit lauern um zuzuschlagen. Noch hält er sie mit Intrigen und Korruption in Schach – aber es ist fast sicher, dass Piero es nicht schaffen wird, sie aufzuhalten.

Eine andere Gefahr taucht aber erst auf, als er bereits im Sterben liegt. Der Mönch Savonarola sieht in den Medici Handlanger des Teufels und führt flammende Reden gegen sie und ihren Reichtum. Noch ahnt niemand, dass es ihm tatsächlich gelingt, das Volk gegen die Medici aufzubringen und Florenz in ein Chaos zu stürzen. Auch die Familie Fontana erlebt persönliche Tragödien und Schicksalsschläge. Vor allem Sandro, der das Haus aufgebaut hat, muss nun miterleben, dass auch sein zweiter Sohn Alessio einen Weg geht, der ihn unweigerlich in den Abgrund führt. Und nicht zuletzt ist da Francesca. Das junge Mädchen musste miterleben, wie ihre Familie durch die Machenschaften der Medici starb. Jahre später kehrt sie zurück, um grausame Rache zu nehmen – und das nicht nur mit dem Malerpinseln, sondern auch mit scharfer Klinge...

Der Roman deckt die letzten Jahre Lorenzo di Medicis bis hin zum Ende der Schreckensherrschaft Savonarolas ab. Man merkt, dass der Familie langsam die Fäden entgleiten, gerade weil die jüngere Generation zu sehr im Schatten der Väter stand und sich nicht selbst entwickeln konnten.

Piero ist ein typischer Spross seiner Zeit – mehr an Vergnügungen interessiert, zügellos und unbeherrscht, uninteressiert an den Tugenden, die seine Familie groß machten. Er und andere seiner Altersgruppe stellen den Gegenentwurf zu dem fanatischen Mönch Savonarola dar, der Reinheit und Keuschheit mit Gewalt und Schmerz auch bei anderen durchsetzen will und dabei nicht nur sich selbst kasteit. Sie ergeben sich der Trunksucht, Völlerei, steigen mit Huren und manche auch mit ihren männlichen Geliebten ins Bett. Die Frauen sind zu bloßen Objekten geworden, wenn sie nicht gerade wie Francesca einen Grund haben, aus ihrer Rolle auszubrechen.

Anders als die beiden ersten Romane verfolgt dieser Band nicht direkt einen roten Faden. Anhand der verschiedenen Schicksale wird deutlich, wie der Niedergang der Familie innerhalb weniger Jahre vonstatten gehen konnte, warum ein Fanatiker wie Savonarola so viel Macht erlangte, und wie die Menschen in dieser Zeit in Florenz lebten. Neben den bekannten fiktiven Personen wird auch das Schicksal von Michelangelo in diesen frühen Jahren dargestellt, der immerhin einer der letzten war, die Lorenzo noch förderte und zu sich holte. Wieder verzichtet er darauf, die schlechten Charakterzüge der Figuren zu verschweigen und ihr Verhalten zu beschönigen. Rainer M. Schröder zeigt eine finstere und dem Chaos verfallene Welt und wird dabei auch schon einmal grausam in seinen Beschreibungen und benutzt gelegentlich eine sehr derbe Sprache.

Der Roman richtet sich daher auch an ältere Leser, die bestimmte Verhaltensweisen schon besser nachvollziehen können und in ihrer Lektüre nicht unbedingt Schwarz-Weiß-Malerei haben wollen. Auch ist die Darstellung von Gewalt nicht gerade ohne, und er thematisiert auch die homosexuelle Liebe, die zu dieser Zeit viele Männer trotz der drohenden Todesstrafe enger miteinander verband als ihnen lieb war.

Noch einmal erfährt man Einiges über das Leben der Menschen und die politischen Intrigen und Machenschaften der mächtigen Familien im Florenz der Medici. Der Roman kann inhaltlich leider nicht mit den beiden anderen Werken mithalten, da er keinen richtigen Höhepunkt hat und die Spannung daher eher moderat bleibt.

„Das Erbe des Clans“ vermischt noch einmal historische Ereignisse mit Einzelschicksalen, die noch einmal deutlich machen, was das Leben in Florenz für den einzelnen bedeutete. Dabei führt er Schicksale zu Ende, die den Leser seit dem ersten Band begleiteten und schließt so den Kreis. Allerdings fehlt der rote Faden in der Geschichte, da er für seine Figuren kein wirkliches Ziel hat, was dem Buch viel an Wirkung nimmt.