Sharon Ashwood: Höllenherz (Buch)

Sharon Ashwood
Höllenherz
(Frostbound)
Aus dem kanadischen Englisch übersetzt von Sabine Schilasky
Knaur, 2011, Paperback mit Klappenbroschur, 444 Seiten, 12,99 EUR, ISBN 978-3-426-50885-5 (auch als eBook erhältlich)

Von Carsten Kuhr

Kennen Sie den alten Spruch von den naschenden Mäusen und den Katzen, die aus dem Haus sind? Kaum hat sich der Sheriff der übernatürlichen Gemeinde von Fairview das erste Mal seit über 150 Jahren in den Urlaub begeben und die Geschicke seiner Stadt an Lor, den Führer des Werwolfrudel, übergeben, schon beginnt, salopp ausgedrückt, die Kacke an zu dampfen.

Da wird nicht nur das Krankenhaus für die übernatürlichen Wesen niedergebrannt, dabei geschickterweise auch das Wahlkampfbüro des ersten Vampirs, der sich für ein öffentliches Amt bewirbt, zerstört, auch ein Vampirkönig und Hexer hat seine dreckigen Finger im Spiel. Ihm geht es nicht nur darum, eine Vampirin wieder einzufangen, die ihm entkam, er will Rache nehmen. Dass unser Hilfssheriff der flüchtigen Vampirin mehr als zugetan ist, verkompliziert die Lage zusätzlich – schließlich gilt gerade und insbesondere bei den Werrudeln, dass der Alpha immer und unter allen Umständen das Wohl des Rudels vor allem anderen stellen muss – auch wenn seine Gefühle ihn in Versuchung führen. Dass sich die flüchtige Vampirin nicht nur als attraktiv, sondern auch als Kämpferin erweist – immerhin stammt sie aus einer Familie der Schlächter und wurde seit frühester Jugend dazu erzogen, die Übernatürlichen Wesen zu jagen und zur Strecke zu bringen – macht sie für den Alpha, aber auch ihren ehemaligen Herren, nur noch interessanter. So beginnt ein Wettlauf, nicht nur um das untote Leben der Vampirkönigin, sondern auch um das Schicksal ganz Fairviews…

Ähnlich wie ihre Landsmännin Kelley Armstrong, die ebenfalls bei Kanur verlegt wird, nutzt Sharon Aswood ihre übernatürliche Welt dazu, uns immer wieder neue Helden zu präsentieren, neue Ansätze zu suchen und ihre Schöpfung so weiter auszubauen. Der Handlungsabschnitt um die Burg scheint zwischenzeitlich, nach drei Romanen, zunächst ad acta gelegt, nun gilt es, uns das Leben der aus dem Geheimen ins Licht der Öffentlichkeit getretenen Übernatürlichen in der Welt der Menschen zu portraitieren.

Immer wieder treten bekannte Persönlichkeiten aus den bisherigen Romanen in Erscheinung, im Zentrum stehen aber der charismatische Werwolf-Anführer und die ihrem Meister entkommene Vampirin. Geschickt baut die Autorin hier Spannung nicht nur in Form der Jagd des Meisters auf die Entflohene auf, sondern auch, indem sie die gegenseitige Anziehungskraft des Werwesens und der Toten thematisiert. Dabei erweist sich die Vampirin, die zunächst als etwas oberflächliches Wesen geschildert wird schnell als vielschichtige und interessante Persönlichkeit. So stammt sie aus einer Familie, die sich seit Generationen die Jagd auf alle übernatürlichen Wesen auf ihre Fahnen geschrieben hat. Hier tritt eine bislang unbekannte Gruppierung ins Licht der Bücher. Menschen, die schon lange vor dem Coming Out von den Vampire, Werwesen und Zauberern wussten, die sie – noch dazu erfolgreich – bekämpften und dafür ihr persönliches Lebensglück opferten. Dass diese, seitdem die Übernatürlichen an die Öffentlichkeit gingen, plötzlich ihres Lebensinhalts beraubt wurden, dass sie verbittern, resignieren oder radikalisieren, ist nachvollziehbar.

Nach dem übernatürlichen Gefängnis der Burg nun also erneut ein Element, das nicht allein der Spannung dient, sondern den Leser auch zum Mit- und Nachdenken anregen soll. Darüber hinaus erwartet uns erneut ein Urban-Fantasy-Roman voller unerwarteter Entwicklungen, rasantem Tempo und einer Prise Romantik.