Tobias O. Meißner: Die Soldaten (Buch)

Tobias O. Meißner
Die Soldaten
Piper, 2011, Paperback, 498 Seiten, 16,95 EUR, ISBN 978-3-492-70185-3

Von Gunther Barnewald

Nachdem man bei Piper mit dem 6. Band der „Mammut“-Saga, „Die Vergangenheit des Regens“, das Ende der Serie (zumindest laut Klappentext, die Handlung hört dagegen mittendrin auf, da die Serie ursprünglich auf 12 Bände konzipiert ist) eingeläutet zu haben scheint, dürfte es die Fans freuen, dass der Autor mit „Die Soldaten“ erneut in seine hier erschaffene Welt zurückkehrt.

Der vorliegende Roman spielt ein Jahr nach dem desaströsen Scheitern des Feldzugs der Menschen gegen die Affenmenschen. Nachdem Chlayst wegen der giftigen Ausdünstungen eines benachbarten Sumpfgebietes unbewohnbar geworden ist und die meisten Menschen, vor allem viele Kinder, sterben mussten, wird der desillusionierte Leutnant Eremith Fenna von der ehemaligen Stadtgarde in die ferne Festung Carlyr versetzt, um sich zu erholen, hatten doch die Berge toter Kinder in Chlayst einen Nervenzusammenbruch bei ihm verursacht.

Carlyr liegt einsam zwischen den hohen Bergen und bewacht den einzigen Pass in die Felsenwüste und zum Land der Affenmenschen. Dieses wimmelt von wilden Tieren und offensichtlich auch noch von mysteriöseren Gefahren, wurde doch eine große Armee von Menschen, trotz der Begleitung durch mächtige Magier, hier vor einem Jahr bis auf wenige Reste aufgerieben, obwohl scheinbar keine wirklich große Schlacht stattgefunden hatte.

Bei seiner Ankunft wird Fenna eine Gruppe von neuen Rekruten zugewiesen, die er militärisch ausbilden soll, bevor sie sich dem Unheimlichen der Felsenwüste stellen soll. Fenna gibt sein Bestes, um aus dem bunten Haufen eine verschworene und starke Truppe zu formen, aber bald zeigt sich, dass der Gefahr in der seltsamen Einöde kaum jemand gewachsen ist, auch nicht Fenna und seine Männer...

Meißner kehrt mit diesem Roman wieder zu jenen Stärken zurück, die ihn schon bei seinem Meisterwerk „Das Paradies der Schwerter“ auszeichnete. Wunderbar glaubhafte Charakterstudien ermöglichen es dem Leser, sich jeden einzelnen Soldaten der kleinen Truppe Fennas bildlich und auch bezüglich seiner Mentalität vorzustellen. Die Ausscheidungswettkämpfe um die Teilnahme an der Ausbildung sind ein erster Höhepunkt der Geschichte, gefolgt von einem sportlich-militärischen Wettstreit mit einer erfahreneren Soldatengruppe, bei dem Fennas Ansehen auf dem Spiel steht. Wenn die Truppe dann ins Niemandsland aufbricht, wird es unheimlich, wobei die zweite Mission dann das Schicksal der Truppe und Fennas endgültig entscheidet...

Stark dass Meißner in dieser archaischen Welt Männer und Frauen nahezu gleichberechtigt bei den Truppen agieren lässt. Die abenteuerliche Atmosphäre und die für einen Fantasyroman ungewöhnlich gut herausgearbeiteten Charaktere verschmelzen mit der leicht gruseligen und phasenweise extrem packenden Handlung zu einem harmonischen Ganzen, welches „Die Soldaten“ zu einem absoluten Highlight der Neuveröffentlichungen im Bereich Fantasy macht.

Bleibt zu hoffen, dass das geschickte Vermeiden dümmlicher Gut-Böse-Klischees und die sorgfältige Charakterisierung und Handlungsgestaltung nicht zu viele Fantasyleser abschrecken wird, die ja leider nur allzuoft auf geistig tiefer gelegte Action und Klischees satt stehen (Meißner kann auch so etwas liefern, wie er mit dem Roman „Die Dämonen“ und dessen Fortsetzung bewiesen hat, was ihm, für sein mit weitem Abstand schwächstes Werk, gleich Bestsellerehren eingebracht hat!).

Wer gerne Bücher liest, bei denen man sein Gehirn nicht vorher in der Tiefkühltruhe zwischenlagern muss, wird von „Die Soldaten“ wahrscheinlich sehr angetan sein, auch wenn das realistische Ende der Geschichte all jene verschrecken dürfte, die auf ein gnadenloses Happy End setzen.