Ranulf O’Hale – Exorzist 17: Wo das Grauen lauert, Thorsten Grewe (Buch)

Ranulf O’Hale – Exorzist 17
Thorsten Grewe (Hrsg.)
Wo das Grauen lauert
Titelgestaltung von Thorsten Grewe
Illustrationen im Innenteil von Manfred Lafrentz
Hary Production, 2008, Taschenbuch, 218 Seiten, 9,80 EUR, ISSN 1861-6054

Von Irene Salzmann

Um 1985 schuf Thorsten Grewe die Figur des Exorzisten Ranulf O’Hale. Zunächst erlebte dieser in Comic-Form gefährliche Abenteuer, doch schon bald folgten Kurzgeschichten und Romane – schließlich eine Buchreihe (die mittlerweile auch als eBook erhältlich ist) im Verlag Hary Production. Zahlreiche Autoren sorgten dafür, dass das „Ranulf O’Hale“-Universum stetig größer und komplexer wurde, auch dank weiterer wiederkehrender Figuren wie Tatjana Morgenrot von Markus Kastenholz und Kardinal Malperthuis von Alain Meesschaert. Anlässlich des 20. Geburtstags von Ranulf O’Hale wurde zu einem Story-Wettbewerb aufgerufen. Die unter allen Einsendungen ausgewählten sechs ‚Sieger-Erzählungen‘ von sieben Autoren und Autorinnen sind nun im 17. Band der Roman-Reihe, „Wo das Grauen lauert“, nachzulesen. Die passenden Illustrationen entwarf Manfred Lafrentz.

Alvino Vladiscini, ein junge Ritter vom Orden der Rose, wird nach London gesandt, um einen Vampir, der dort sein blutiges Unwesen treibt, unschädlich zu machen. Sogleich heftet er sich an die Fersen der attraktiven Lucy, auf die das ihm vorliegende Profil zutrifft, und folgt ihr in „den Club des Todes“. Dort scheint sie ihr nächstes Opfer gefunden zu haben. Alvino will den Mann retten und stellt Lucy, muss sich dann jedoch einen fatalen Irrtum eingestehen...

Astrid Pfister, die man unter anderem durch die Anthologien „Welt der Geschichten“ kennt, welche sie zusammen mit Bernd Rothe herausgibt, entschied sich, in ihrer Story Alvino Vladiscini zur Hauptfigur zu machen, während Titelheld Ranulf O’Hale lediglich eine kleine Szene zugestanden bekommt, in der er sich keineswegs als der allwissende und überlegene ‚Super-Exorzist‘ erweist. Die Autorin liefert ein klassisches Abenteuer bestehend aus Beschattung, Verfolgung, Kampf und Auflösung des Rätsels. Gleichzeitig legt sie den Grundstein für weitere Geschichten, die sich um die beiden sympathischen Charaktere ranken.

Miklos Muhi schildert in „Der sinnlose Tod des John Brown“, wie sich Ranulf O’Hale bemüht, einen Mann, der ganz offenkundig nicht für die Gräuel verantwortlich ist, die ihm zur Last gelegt wurden, vor dem elektrischen Stuhl zu bewahren: Ein Dämon hat Besitz von John Browns Körper ergriffen! Die Zeit läuft unbarmherzig ab ... Wird der Exorzist es schaffen, den Dämon zu verbannen und den Verurteilten zu retten?

In dieser Story wirkt Ranulf O’Hale zwar zielstrebig und engagiert, zugleich aber auch sehr emotionslos und zynisch. Man lernt ihn hier als einen Mann kennen, der schon viel erlebt und durchgemacht hat, der weiß, dass er nicht jeden retten kann – und sich bei Erfolg oder Misserfolg gleichermaßen für den Job bezahlen lässt. Dieser kaltschnäuzige Titelheld dürfte vor allem nach dem Geschmack der Hardcore-Horror-Fans sein.

Den „Todestango“ lässt Markus Kastenholz Alvino Vladiscini tanzen, denn der junge Vampirjäger wurde von den Feinden gefasst, gefoltert und in einem Gefängnis mehr tot als lebendig zurückgelassen. Während er sich um seinen Mentor Ranulf O’Hale sorgt, den vielleicht ein ähnliches Schicksal ereilte, beginnt sein Mut zu sinken, dass ihn irgendjemand finden und befreien wird…

Obwohl Markus Kastenholz nicht auf einige grausige Beschreibungen verzichtet, die das Schlimmste befürchten lassen, erlebt der sympathische Alvino am Ende doch noch ein Happy End. Man nimmt nichts vorweg, wenn man dies verrät – schließlich wird die Figur noch für weitere Abenteuer gebraucht. Auch stehen die nachvollziehbaren Sorgen und Nöte, die Hoffnungen und Wünsche, Verzweiflung und Angst des Charakters im Mittelpunkt, weniger das Geschehen an sich. Natürlich gibt es am Schluss eine dicke Überraschung und eine kleine Hommage an „Star Wars“.

Das sind nur drei Beispiele für die in „Wo das Grauen lauert“ gesammelten Storys, die sich auf unterschiedliche Weise mit bekannten und weniger bekannten/unbekannten Figuren des „Ranulf O’Hale“-Universums befassen und verschiedene Aspekte aus dem Leben der Vampir-Jäger und ihrer Gegner beleuchten.

Am Ende des Bandes werden die Autoren nebst Foto vorgestellt. Außerdem finden sich ein Verzeichnis weiterer lieferbarer Titel aus der Reihe sowie ein Hinweis auf andere Horror-Romane, die bei Hary Production erschienen sind.

Die Gestaltung als Paperback mit Farb-Cover ist ordentlich, das Preis-Leistungsverhältnis angemessen.

Interessiert man sich für Horror mit Tendenz zum Splatter und einer Prise Erotik, gibt man außerdem jungen, deutschsprachigen Autoren den Vorzug gegenüber der etablierten Konkurrenz aus dem Ausland, sollte man „Ranulf O’Hale“ eine Chance geben. Die Anthologie erlaubt, den Exorzisten und seine Kameraden außerhalb der Reihe kennen zu lernen, und gewiss finden Genre-Fans hier schon den einen oder anderen Favoriten, der die Lust weckt, weitere Bände zu lesen.