Sandman präsentiert 3: Im REich der TräUMe (Comic)

Bill Willingham & Neil Gaiman
Sandman präsentiert 3
Im REich der TräUMe
(The Sandman presents: Merv Pumpkinhead – Agent of D.R.E.A.M., The Dreaming 55, The Sandman presents: Everything you wanted to know about dreams but were afraid to ask 1, 2003)
Aus dem Amerikanischen von Gerlinde Althoff
Titelillustration von Dave McKean
Zeichnungen von Mark Buckingham, Duncan Fegredo, Niko Henrichon, Adam Hughes, Phil Jimenez, Paul Pope und vielen anderen
Farben von Lee Loughridge und Daniel Vozzo
Panini, 2010, 100 Seiten, 14,95 EUR, ISBN 978-3-86607-919-9

Von Frank Drehmel

Das in den 80er und 90er Jahren des letzten Jahrhunderts von Neil Gaiman erschaffene Sandman-Pantheon war rein pekuniär – aber nicht nur – für DC zu wertvoll, um es dauerhaft brachliegen zu lassen. Und so erschienen nach den viel zu frühen Aus im Jahre 1996 in den folgenden Jahren immer wieder Storys, für die in der Regel zwar nicht Gaiman als Autor verantwortlich zeichnete, die jedoch entweder einzelne Figuren oder aber den Hintergrund weiterentwickelten. Einer dieser Gaiman-Epigonen ist Bill Willingham, dessen eigene Serie „Fables“ ihm immerhin einen Eisner Award bescherte und von dem im vorliegenden Tradepaperback zwei längere Storys sowie eine Sammlung kurzer Episoden präsentiert werden.

Merv Pumpkinhead, Lizenz zum Träumen (The Sandman Presents: Merv Pumpkinhead, Agent of D.R.E.A.M.)
Merv Pumpkinhead ist der kürbisköpfige Hausmeister im Schloss des Traumkönigs. Mit einem eher einfachen Gemüt gesegnet und von seiner großen Bestimmung träumend obliegt es ihm, den Dreck wegzuräumen, den andere hinterlassen. Als dieser Dreck aus zwei toten Wachmännern besteht, die ihres Herren gefährlichen Traumsand vor Diebstahl schützen sollten, an dieser Aufgabe jedoch kläglich scheiterten – wie die Blutlachen auf dem Boden belegen –, sieht Merv seine Zeit gekommen: im Auftrag Unterlord Sketchtales reist er der Diebin des Sandes – Quivering Annie – in die Wachwelt hinterher, um das gefährliche Diebesgut zurückzuholen. Und diese Welt hat es in sich: schnelle Autos, schöne Frauen, Glücksspiel, Partys und coole Waffen. Um da den Überblick zu behalten, ist der ganze Kürbiskopf gefragt, erst recht, wenn man sich auch noch mit einem Verbrecher anlegen muss, der mit dem Traumsand Übles anstellen will.

Die Abenteuer von Danny Nod, dem mutigen Hilfsbibliothekar (The Further Adventures of Danny Nod, Heoric Library Assistant)
Wer meint, dass Traumwesen nicht lesen, der hat keine Ahnung vom Träumen; wer glaubt, dass Traumwesen mit entliehenen Büchern verantwortungsbewusst umgehen und sich an Leihfristen halten, der hat keine Ahnung vom harten Los eines Bibliothekars. Danny Nod ist zwar noch kein vollwertiger Bibliothekar, aber doch Manns genug, damit ihm sein Chef die Aufgabe anvertraut, von Traumwesen entliehene Bücher wiederzubeschaffen. Zusammen mit seinem Gehilfen Toomey macht sich Danny auf in die weiten, märchenhaften Länder des Träumens, in denen nicht jeder Entleiher freundlich ist, weswegen die Aufgabe den ganzen Witz und Verstand eines Hilfsbibliothekars fordert.

Was sie schon immer über Träume wissen wollten, … aber nie zu fragen wagten (Everythig You Always Wanted to Know about Dreams … But were Afraid to Ask 1)
In kurzen Episoden erklärt uns der Autor beispielsweise, wodurch Alpträume verursacht werden, ob und was Traumgestalten selber träumen, während sie schlafen, warum so viele Träume sexueller Natur sind oder warum einige Menschen in Farbe und andere in Schwarz-Weiß träumen.

Während Gaiman sich eher den philosophischen, den mystischen Aspekten seines Kosmos mit intellektueller Akribie widmet, folgt Willingham ganz dem Pfad der Satire und der Posse. Das an sich ist noch nichts Schlimmes, auch wenn es nicht den Erwartungen vieler Fans an Storys aus dem „Sandman“-Universum entspricht. Schlimm wird es erst, wenn der Autor – wie hier – nicht wirklich pointiert inszeniert, sich im Wesentlichen auf vordergründigen Klamauk beschränkt und ausgelutschten Stereotypen beziehungsweise Klischees lediglich ein kürbishaftes Äußeres verleiht. Zwar finden sich auch in diesem dünnen Brei ab und an Perlen aus Komik und Absurdität, aber unterm Strich ist zu wenig, um das Tradepaperback wirklich unterhaltsam zu machen.

Das Artwork ist so durchwachsen, wie es bei der Vielzahl der beteiligten Künstler nur sein kann. Das Einzige, was wirklich fehlt, ist ein Manga-Look-Alike-Style-Comic, ansonsten jedoch wird bis hin zum Funny Toon stilistisch ein großer Teil des Comic-Mainstreams abgedeckt. Grafisch gelungen, obschon etwas gewöhnungsbedürftig, ist die Figur des Danny Nod, der sich gleichermaßen durch Zeichnung wie Koloration in beziehungsweise vor den unterschiedlichen Hintergründen behaupten kann. Zum einen sind seine Formen sehr klar, fast schon toonhaft klar umrissen, zum anderen dominieren die drei Grundfarben Blau, Rot und Gelb sein Erscheinungsbild, unabhängig davon, wie detailliert und farblich vielschichtig der Rest des Bildes ist. Dadurch betont Willingham, der die Idee zu dieser Figur hatte, den besonderen Status des Bibliothekars im bunten, komplexen Reich der Träume.

Fazit: Satiren und Späße, die nur selten zünden, machen das Tradepaperback trotz des alles in allem gefälligen Artworks zu einer Enttäuschung nicht nur für „Sandman“-Fans.