Die Bruderschaft der Krabbe: Zweites Buch (Comic)

Die Bruderschaft der Krabbe
Zweites Buch
(La confrérie du crabe: Deuxième partie)
Text: Mathieu Gallié
Zeichnungen & Farben: Jean-Baptiste Andreae
Übersetzung: Monja Reichert
Lettering: Dirk Schulz
Splitter, 2010, Hardcover, 56 Seiten, 13,80 EUR, ISBN 978-3-86869-170-2

Von Frank Drehmel

Nach ihrer Flucht aus dem unheimlichen Schloss erwachen die fünf Jungen – Niccolo, Jarvis, Come, Bernadino und Mael –, die sich „die Bruderschaft der Krabbe“ nennen, in einem steinernen Verlies, an den Armen wieder die seltsamen Luftballons, welche sie zuvor entsorgt hatten. In Folge eines Zufalls entkommen die Kinder ihrem Gefängnis, finden sich darauf in einem unheimlichen Gemäuer wieder und werden Zeugen, wie ein Wissenschaftler mit Hilfe der Urkraft der Blitze ein kleines totes Mädchen zum Leben erweckt, welches, kaum dass es erwacht ist, die Jungen für ihre kleinen Brüder hält.

Urplötzlich taucht der Meister mit seinen Gespielinnen am Ort des unheimlichen Geschehens auf, maßregelt den Wissenschaftler und will sich dann an den Kindern gütlich tun. Doch aus dem Mahl wird nichts, denn erstens verfügt die Kleine über erstaunliche Kräfte und zweitens will der Forscher sein Werk nicht in die Klauen der Vampire fallen lassen und initialisiert daher die Selbstzerstörung des Gebäudes, in deren Folge die Kinder wiederum entkommen, nur um sich in einem weiteren seltsamen Raum wiederzufinden. Hier entdeckt sie der ehemalige Assistent des dahingeschiedenen Wissenschaftlers, welcher sie auffordert, ihn in sein Anatomie-Labor zu begleiten, wo er ihnen einige Hintergründe über das Entfernen der Krabben aus den Kinderkörpern enthüllt. Doch auch im Labor holt die Kinder die Zerstörung ein, sodass sie nach einer erneuten Flucht durch die Dunkelheit unversehens in einer mittelalterlichen Stadt zur Besinnung kommen, in einer Stadt, in der ein bizarres Spektakel stattfindet, in welchem zahllose verkleidete Kinder im Mittelpunkt stehen, die einem merkwürdigen Kult um die Krabben und die Großen Entkrabber folgen. Doch das ist nicht das Unheimlichste: die Kinder behaupten, ebenfalls die „Bruderschaft der Krabbe“ und tot zu sein.

Bestanden am Ende des ersten Albums noch Zweifel, ob sich die gesamte Handlung nicht doch in einer wie auch immer gearteten „fiktionalen Realität“ abspielt, so kann aufgrund der Umstände nun als sicher gelten, dass es sich bei den Kämpfen und Begegnungen, die die Kinder zu bestehen und zu überstehen haben, um Visionen oder Träume handelt, wobei die Frage, wessen Träume es sind, noch nicht eindeutig geklärt ist, obschon alles für Mael spricht, den Jungen also, der zuvor auf dem Operationstisch landete.

Wie schon im Vorgängerband bedient sich Autor Gallié in seiner Geschichte aus unterschiedlichen Werken der phantastischen Kunst – Roman und Film – sowie der Mythologie, lässt seine Helden gegen Figuren antreten, die er zwar jeweils etwas verfremdet, die aber dennoch als Dracula, die Mumie, als Zombies oder – zum Schluss – Charon eindeutig erkennbar bleiben. Innerhalb des allegorischen Grundansatzes der Geschichte mag dieses Vorgehen zwar sinnvoll sein, da jeder Leser mit diesen geradezu archetypischen Figuren Ängste oder zumindest ein Gefühl der Furcht und Bedrohung verbindet, aber unterm Strich birgt es die Gefahr, in Beliebigkeit zu versinken, zumindest solange es dem Autor wie in der „Frankenstein“-Szenerie nicht gelingt, den Bogen zu den Krabben schlagen.

Künstlerisch ist das Album nach wie vor ein einziger Augenschmaus, da es Jean-Baptiste Andreae insbesondere durch seine stimmungsvolle, weiche Koloration, bei der er sich über das gesamte Comic gesehen einer Vielzahl von Tönen und Farbnuancen bedient, gelingt, durchgängig eine intensive mystische und mysteriöse Atmosphäre zu erschaffen.

Fazit: Die rätselhafte Handlung, das ungewöhnliche, bedrückende Grundthema, die Reminiszenzen an Klassiker der Phantastik sowie das grandiose Artwork machen auch den zweiten Band der „Bruderschaft der Krabbe“ zu einem Highlight im Splitter-Verlagsprogramm.