Karsten Kruschel: Vilm – Der Regenplanet (Buch)

Karsten Kruschel
Vilm – Der Regenplanet
Wurdack, 2009, Paperback, 220 Seiten, 12,95 EUR, ISBN 978-3-938065-36-5

Von Gunther Barnewald

Karsten Kruschel veröffentlichte seine erste Storysammlung, „Das kleinere Weltall“, noch zu einer Zeit, als die DDR kurz vor ihrem Untergang stand. Nach der Wiedervereinigung war erst einmal kein Platz mehr für deutsche SF-Autoren, schon gar nicht für ostdeutsche, zumal sich Kruschel bei vielen Kollegen durch seine scharfen Kritiken und andere Handlungen unbeliebt gemacht hatte.

Betrachtet man sich jedoch „Das kleinere Weltall“ genauer, so kann man eindeutig feststellen, dass der Autor Talent hat. Auch wenn hier noch nicht alle Geschichten ausgereift waren, so zeigte sich Karsten Kruschel als guter und interessanter Erzähler. Deshalb ist es umso erfreulicher, dass er nun mit den beiden Romanen von Vilm (die eigentlich ein Roman sind, was die Druckerei, die der Wurdack Verlag beauftragt hatte aber nicht in akzeptabler Qualität hatte liefern können, weshalb man sich entschlossen hatte, aus einem Band zwei zu machen) ein neues Werk der Öffentlichkeit zugänglich ist.

Mit „Vilm“ ist Karsten Kruschel ein wunderbarer SF-Roman voller frischer Ideen gelungen, ein herrlich altmodischer Planetenroman, der sowohl eine glaubhafte exotische Umgebung, als auch interessante Protagonisten zu bieten hat.

Die Geschichte beginnt mit dem Absturz des gigantischen Siedlerschiffs VILM VAN DER OOSTERBRIJK auf einem unbekannten erdähnlichen Planeten, der von dauerndem Regen und Feuchtigkeit beherrscht wird. Nach dem überraschenden Auseinanderbrechen des riesigen Raumschiffs haben einige Menschen den Absturz überlebt und beginnen die Trümmer auszuschlachten. Abgeschnitten von jeglicher Zivilisation beginnen sie sich der fremden Umgebung anzupassen, lernen die fremdartige Flora und Fauna zu akzeptieren, ebenso wie das miese Wetter. Schnell zeigt sich jedoch noch ein anderer Effekt: Die meisten Kleinkinder und Neugeborenen erkranken an einer seltsamen Krankheit, die dazu führt, dass sie sich nicht nur der fremden Umgebung besser anpassen können, sondern dass sie auch mit einer einheimischen intelligenten Lebensform eine lebenslange Symbiose eingehen können. Und plötzlich verwandelt sich der homo sapiens in etwas völlig anderes, in fremde Entitäten, die bald diesen Planeten als Heimat ansehen und beginnen, alle seine Geheimnisse zu erforschen, seien sie auch noch so gefährlich...

Schon der erste, hier unter dem Titel „Vilm – Der Regenplanet“ vorliegende Teil des Romans zeigt, dass Kruschel nicht nur geschickt zu erzählen weiß, sondern auch über eine Menge kreative Schaffenskraft verfügt, denn das fremdartige Szenario wird vor den Augen des Lesers sehr lebendig und überaus plastisch. Tolle Einfälle sorgen dafür, dass jener spezielle Sense of Wonder entsteht, den gute SF manchmal auszeichnet. Durch den episodenartigen Charakter der Geschichte kommt der Leser in den Genuss diverser Sichtweisen und erfährt Geheimnisse, die den meisten Planetenbewohner nicht zur Verfügung stehen. So deutet sich früh an, dass der Regenplanet gar nicht so weit ab der menschlichen Zivilisation ist, wie die Schiffbrüchigen vermuten. Auch das seltsame Ökosystem erscheint noch längst nicht alle Mysterien preisgegeben zu haben, doch dazu gibt es ja noch den zweiten Teil, „Vilm – Die Eingeborenen“, der viele Rätsel lösen wird...