Rachel Hawkins: Wilder Zauber – Hex Hall 1 (Buch)

Rachel Hawkins
Wilder Zauber
Hex Hall 1
(Hex Hall, 2010)
Aus dem Amerikanischen von Michaela Link
Titelgestaltung von HildenDesign unter Verwendung von Motiven von Shutterstock
Autorenfoto von John F. Hawkins
Lyx, 2010, Taschenbuch mit Klappenbroschur, 296 Seiten, 9,95 EUR, ISBN 978-3-8025-8239-4

Irene Salzmann

Weil der Liebeszauber, den sie für eine Mitschülerin wirkte, stärker ausfiel als erwartet, und man womöglich Jagd auf die dunkle Hexe gemacht hätte, wird die 16-jährige Sophie Mercer nach Hecate Hall (genannt „Hex Hall“) geschickt, um in Sicherheit zu sein und zu lernen, ihre Fähigkeiten zu beherrschen.

Das düstere Gemäuer wirkt wenig anheimelnd, und die Lehrer sind streng. Mit den anderen Schülern gibt es prompt Probleme, als herauskommt, dass Sophie die Tochter jenes Mannes ist, der ‚den Rat‘ leitet und sie alle aufgrund ähnlicher Vorkommnisse auf dieses Internat geschickt hat. Allein mit Jenna Talbot, die der einzige Vampir unter Hexen, Elfen und Gestaltwandlern und damit ebenfalls ein Außenseiter ist, freundet sie sich an. Überraschend wird sie eingeladen, Mitglied eines Hexenzirkels zu werden. Sophie lehnt ab, da ihr die drei Zicken zu arrogant sind, was nicht nur weitere Repressalien sondern eine Aufnahme ohne ihr Wissen zur Folge hat, da der Zirkel vier Hexen benötigt, um seine ganze Macht entfalten zu können. Sophies Vorgängerin wurde ermordet, angeblich von Jenna, doch konnte man ihr nichts nachweisen, und Sophie glaubt an die Unschuld der Freundin. Als nacheinander zwei weitere Mädchen angegriffen werden und nur knapp überleben, beginnt Sophie Nachforschungen anzustellen. Sie findet heraus, dass nicht nur Vampire ihren Opfern das Blut aussaugen. Die Internatsleitung will jedoch nichts von Dämonen und den Angehörigen der Bruderschaft ‚L’Occhio di Dio‘, die sich dem Kampf gegen magische Wesen verschrieben habt, hören. Allein Alice, der Geist von Sophies Großmutter, die von dieser Gruppe getötet wurde, glaubt ihr und rät zur Vorsicht – hütet aber offenbar selber einige Geheimnisse. Die Situation eskaliert, als Sophie ihrem Schwarm Archer Cross näher kommt und auf seiner Brust die Tätowierung der Bruderschaft entdeckt. Ist er der Mörder – und sie das nächste Opfer?

Obwohl „Wilder Zauber“, der erste Band der Serie „Hex Hall“, nur einen Umfang von knapp 300 Seiten hat, passiert eine Menge, so dass man kaum Gelegenheit hat, Atem zu schöpfen: Ein kleines Vergehen, und schon befindet sich Hauptfigur Sophie, aus deren Sicht die Geschehnisse geschildert werden, auf einem Internat für magische Wesen, das kaum mehr als eine Besserungsanstalt ist, und deckt Schritt für Schritt Geheimnisse auf, die sie betreffen und von denen sie nicht die geringste Ahnung hatte.

Das Setting und dieser Hintergrund der Protagonistin mögen im ersten Moment an „Harry Potter“ erinnern, aber die Geschichte entwickelt sich eigenständig und wartet mit anderen Konflikten und Personenkonstellationen auf. Sophie ist ein typischer Teenager, der damit hadert, die nächsten zwei Jahre in Hecate Hall verbringen zu müssen – mit kauzigen Lehrern und Schülern, die noch viel schräger drauf sind als sie selber und den Vorteil haben zu wissen, wer beziehungsweise was sie sind und ihre Kräfte beherrschen. Zwischen ihr und Archer entwickelt sich eine Art Hass-Liebe, die immer mehr zu Liebe wird, obwohl er mit einer anderen zusammen ist. Schon bald muss Sophie erkennen, dass man bewusst wichtige Dinge vor ihr geheim hielt und sie benutzt. Selbst jene, denen sie vertraute, enttäuschen sie zutiefst. Dadurch gerät sie in höchste Gefahr und muss, um sich und andere zu retten, über sich hinauswachsen und einen Feind besiegen, der viel älter und mächtiger ist. Damit ist das Buch zwar zu Ende, aber die Story geht erst richtig los. „Wilder Zauber“ entpuppt sich als Einführungsband mit Cliffhanger, in dem die Weichen für das Kommende gestellt werden. Zu viele Fragen bleiben für einen runden, befriedigenden Schluss offen, so dass man auf die Fortsetzung warten muss, will man mehr erfahren.

„Wilder Zauber“ bietet den Beginn eines spannenden Abenteuers. Der Roman ist routiniert und flüssig erzählt. Der Autorin gelingt es, ihr Publikum in den Bann zu ziehen durch interessante Charaktere, die ihre Rollen erfüllen, nachvollziehbare Beschreibungen und Dialoge, regelmäßigen Informationen in kleinen Portionen sowie einer Mischung aus Dramatik und Humor. Zwar findet man Zickenkriege im Stil von „Buffy“ (es gibt die eine oder andere Anspielung auf die Serie und weitere Filme und Bücher) und dazu eine Romanze, aber der Roman kippt nicht zu süßlich-alberner Romantacy um, sondern bleibt ein packender Horror-/Dark Fantasy-Schmöker, der Genre Fans bestens unterhält. Hat man Spaß an Titeln wie „House of Night“, „Vampire Academy“ oder „Evernight“, sollte man bei „Hex Hall“ unbedingt zugreifen.