Claudia Kern: Divided States of America (Buch)

Claudia Kern
Divided States of America
Titelbild: Martin Frei
Cross Cult, 2017, Hardcover, 616 Seiten, 24,00 EUR, ISBN 978-3-95981-499-7 (auch als eBook erhältlich)

Rezension von Carsten Kuhr

Was wäre, wenn ein ungeeigneter Bewerber ins Weiße Haus einziehen würde? Was wäre, wenn ein ehemaliger, verbrauchter TV-Star namens Johnson sich ins Rennen um die US-Präsidentschaft einbringen würde - und nach einem mit allen unsauberen Mitteln geführten Wahlkampf am Wahlabend tatsächlich ins Oval Office einziehen würde? Würde sich Johnson zu einem verantwortungsvollen Führer entwickeln, der versuchen würde, die auseinander driftenden ethnischen Gruppen des Landes einzufangen und zu befrieden?

Oder wäre er mit der Aufgabe, die er nie auch nur annimmt, überfordert? Tatsächlich kommt es weit schlimmer, als befürchtet. Der Präsident erlässt Dekret über Dekret - grenzt alle Nicht-Bio-Amerikaner - wie er sie nennt - aus und schürt Ressentiments. Fremdenhass, Neu-Rechte-Bewegungen und Futterneid greifen um sich, nur drei der Staaten der USA verweigern dem Präsidenten ihre Gefolgschaft bei der Durchführung des Dekrets.

Diejenigen, die in ihrer eigenen Heimat zu Flüchtlingen werden haben nur eine Chance: nach Washington, Oregon oder Californien fliehen - doch zunächst schließen deren Nachbarstaaten die grünen Grenzen.

Dies ist die Geschichte eines Präsidenten, der im Amt scheitert, wie keiner vor ihm. Von einem Mann, der polarisiert, polemisiert und das Land in einen blutigen Rassenkrieg, in einen Bürgerkrieg schickt - möge der Schöpfer der größten Nation unter Gott gnädig sein…


Claudia Kern gehört zu den bekanntesten Stimmen im deutschen Fandom. Damit nicht genug hat sie sich als versierte Übersetzerin, als unentbehrliche Con-Hilfe, als pointierte Vortragende und Kolumnistin („Geek!“) und nicht zuletzt als Autorin einen Namen gemacht. Mittlerweile kennen wir ihre lustige Erzählart - die vorliegend allerdings ob der dystopischen Sichtweise eher nicht zum Tragen kommt.

Schon während des Wahlkampfs, als ein Jeder noch mit einem überwältigenden Sieg Clintons über welchen Bewerber die Republikaner auch immer gegen sie ins Rennen schicken würden rechnete, machte Kern sich an das damals noch unvorstellbare Spiel „“as wäre wenn?“.

Und sie hat die Realität erstaunlich, ja erschreckend akkurat getroffen. Sie berichtet uns in recht kurz gehaltenen Kapiteln aus Sicht unterschiedlichster Erzähler aus jeder der beteiligten Parteien vom Umbruch, der die lang schwelenden, oft verleugneten Probleme der größten Macht auf unserer Erde widerfährt.

Sekten, die Neo-Nazis, White Trash wird dabei ebenso beleuchtet wie die reichen ultra-konservativen Strippenzieher im Hintergrund und die großen Probleme der ethnischen Gruppen, miteinander zu leben. Neid, Missgunst und simpler Rassenhass brechen sich Bahn, Diskriminierung und Ausgrenzung nehmen rasant in kaum vorstellbarem Tempo zu.

Inzwischen wissen wir, dass die Realität sich redlich bemüht, diese dystopische Vision einzuholen - leider.

Wie auch in der Realität gibt es vom Ausland kaum Widerstände gegen die Entwicklungen.

Fazit: Rasant erzählt versucht die Autorin, noch bevor Trump ins Amt kam, ihre Vision der Folgen einer solchen Wahl in kurzen, knackigen Kapiteln festzuhalten. Dabei beleuchtet sie, ohne sich deren Sichtweisen zu eigen zu machen, alle Seiten, schließt jedes der kurzen Kapitel mit einem Cliffhanger und unterhält erschreckend real und mitreißend.