X-Men 4 (Comic)

Cullen Bunn, Marc Guggenheim, Jeff Lemire, Greg Pak
X-Men 4
(Extraordinary X-Men 17-20 + X-Men Prime 1, 2017)
Übersetzung: Jürgen Petz
Titelbild: Jorge Molina
Zeichnungen: Victor Ibáñez, Leonard Kirk, Eric Koda u.a.
Panini, 2017, Paperback, 164 Seiten, 16,99 EUR, ISBN 978-3-7416-0423-2

Rezension von Irene Salzmann

Wie auch die meisten anderen „X“-Serien soll der vorliegende Titel nach Beendigung des Konflikts mit den Inhumans eingestellt und neu gestartet werden, nun unter „X-Men: Gold“, eine Anspielung auf eines von zwei Teams aus der Zeit um 1990, als es so viele beliebte Mitglieder gab, dass man die Gruppe teilte und jedereine eigene Heft-Reihe bekam. Und natürlich wird künftig auch „X-Men: Blau“ erscheinen. Blau und Gold sind die Farben der ursprünglichen Kostüme des Original-Teams.

 

Storm kehrt von einer Konferenz zurück, auf der sich die Anführer mehrerer Mutanten-Gruppen trafen, um zu beschließen, wie es weitergehen soll, nachdem kein Mittel gefunden werden konnte, um ihre Spezies gegen die tödliche Wirkung des Terrigen-Nebels zu immunisieren. Alles ist sogar noch schlimmer, als befürchtet, denn die Wolke ist dabei, sich mit der Atmosphäre zu verbinden, sodass die Erde in kurzer Zeit für Mutanten unbewohnbar sein wird. Da die Inhumans nicht kooperieren, denn die für sie heilige Wolke verleiht ihnen ihre besonderen Fähigkeiten, scheint es bloß eine Möglichkeit zu geben: Krieg.

Nachdem Storm den grausamen Tod eines kleinen Mädchens erleben musste, gibt sie ihr Zögern auf und ist bereit, die X-Men in die Schlacht zu führen. Persönlich springt sie über ihren Schatten, indem sie auf ihren Ex Forge zugeht, der die Beziehung gern wieder aufgenommen hätte und darunter leidet, dass sie ihn auf Abstand hält, ja, trotz allem, was er für das Team geleistet hat, schlecht behandelte.

Auch Magik kämpft, kann aber ihr Potenzial nicht nutzen, weil sie von ihrem verstorbenen Mündel Sapna, dessen Geist sich im Seelenschwert befindet, in dieses hineingezogen wird. Magik muss das Mädchen beruhigen und an sein Vertrauen appellieren, dass ein Weg gefunden wird, um es aus der Einsamkeit in der Waffe zu erlösen.

Dann herrscht wieder Friede, und die Zeit ist endlich gekommen, X-Heaven, die Zuflucht für Mutanten im Limbo, aufzulösen. Die Gäste und ihre Angehörigen werden auf die Erde zurückgebracht. Plötzlich erreicht die X-Men ein Hilferuf. Aber von wem? Ist es eine Falle?

Storm will die Konsequenzen aus ihrem Handeln ziehen, indem sie die Leitung der X-Men an jemand anderen abtritt und das Team verlässt, damit es einen Neuanfang im pazifistischen Sinne von Charles Xavier geben kann. Ihre bevorzugte Kandidatin ist Kitty Pryde, die wieder auf der Erde ist, nachdem sie sich von Starlord („Guardians of the Galaxy“) getrennt hat. Bevor sie eine Entscheidung fällt, möchte Kitty erst herausfinden, was aus der Schule und den X-Men geworden ist - und ob sie wirklich die Richtige für den Job ist.

Auf „X-Men“ trifft dasselbe zu wie auf „Uncanny X-Men“ und „Die neuen X-Men“. Um den laufenden Serien ein halbwegs sauberes Ende zu verpassen, konzentrieren sich die Autoren auf einige Charaktere und deren persönliche Probleme, die sonst als offene Fragen stehengeblieben wären. Dieser Umstand erlaubt zu spekulieren, dass wohl einige der Protagonisten in den neuen Teams nicht mehr dabei sein werden, sodass ihre Konflikte zum Ärger der Leser ungelöst geblieben wären, während anderen eine neue Rolle einnehmen sollen inklusive frischer Kümmernisse und Beziehungen.

Die Episoden kann man als Sidestorys zum „Inhumans vs. X-Men“-Crossover verstehen. Dieses liefert den Hintergrund der Handlung, der Fokus ist jedoch auf einzelne Figuren gerichtet, deren Aktionen hier keinen größeren Einfluss auf die Auseinandersetzung der beiden Gruppen haben. Infolgedessen lesen sich die Geschichten etwas zusammenhanglos, aber dafür ist es auch nicht zwingend notwendig zu wissen, was sich konkret im Mainplot abgespielt hat, denn die Querverweise reichen völlig aus.

Irgendwie ist es aber ganz nett, nicht bloß immer mit bombastischen ‚wir retten das Universum‘-Szenarien und anderen Gigantomanien konfrontiert zu werden, sondern die menschliche Seite der X-Men zu sehen, denn gerade auf der Ausgewogenheit von Adventure und Teenie-Soap beruhte in all den Jahren der große Erfolg der „X“-Serien.
 
Die Zeichnungen sind trotz mehrerer Künstler sehr gefällig, und obwohl sie sich stilistisch unterscheiden, wirkt das Paperback optisch recht homogen. Sehr schön auch, dass man für die letzten Storys keine Newcomer-Penciler aus der B- oder C-Liga holte, sondern Illustratoren die Schlusspunkte setzen ließ, die solide, ansprechende Arbeiten ablieferten.

Für Sammler ein Muss, für Gelegenheitsleser eine unterhaltsame Lektüre voller hübscher Illustrationen. Man ist neugierig, wie es mit „X-Men: Gold“ weitergeht.