Deadpool: Böses Blut (Comic)

Rob Liefeld, Chris Sims, Chad Bowers
Deadpool: Böses Blut
(Deadpool - Bad Blood Graphic Novel, 2017)
Übersetzung: Michael Strittmatter
Titelbild: Rob Liefeld
Zeichnungen: Rob Liefeld, Shelby Robertson, Adelso Corona, Romulo Fajardo Jr.
Panini, 2017, Paperback, 116 Seiten, 12,99 EUR, ISBN 978-3-7416-0369-3

Rezension von Irene Salzmann

Es gibt viele, die Deadpool tot sehen wollen. Einer von ihnen ist Thumper, der unregelmäßig auftaucht und nach getaner Arbeit wieder verschwindet. Allein seinem Heilungsfaktor hat es Deadpool zu verdanken, dass er seine Einzelteile nach solchen Begegnungen zusammensetzen kann. Erschreckend ist, dass es scheinbar nichts gibt, womit er den Gegner in Bedrängnis zu bringen vermag.

Während Deadpool einmal mehr von Thumper zerlegt wird, sammelt Domino Informationen, die eine geheimnisvolle Waffe betreffen, kann aber mit nichts Konkretem aufwarten. Doch schließlich gelingt es beiden, eins und eins zusammenzuzählen, wobei es sich nun rächt, dass Deadpool einige Details für sich behalten hat. Aber es steckt noch sehr viel mehr dahinter, und involviert ist das kanadische Department H, das Killer geschaffen hat wie Deadpool, Wolverine - und Thumper…


Deadpool ist ein Geschöpf von Rob Liefeld und debütierte in „New Mutants“ 98. Von da an hatte er stets Gastauftritte in verschiedenen Reihen, erhielt mehrere Mini-Serien und fortlaufende Serien. Seine Beliebtheit bei den Lesern wuchs beständig, weil er einen neuen Typ ‚Schurke‘, ‚Held‘ und Anti-Held‘ verkörperte.

Anfangs agierte er brutal und schizoid, erledigte seine Jobs und kannte keine Skrupel. Aber er wirkte nie richtig ‚böse‘, was teils an seinen Sprüchen lag, die etwas an die von Spider-Man erinnern, wenngleich sie morbider ausfallen, teils aber auch daran, dass er einen Ehrenkodex besitzt und ihm nahestehende Personen zu beschützen versucht. Später kommt das Bedürfnis hinzu, das ‚Richtige‘ zu tun und alte Fehler wiedergutzumachen. Sogar dem einen oder anderen Team möchte er sich gern anschließen, doch wie zuvor Wolverine, Spider-Man und einige andere musste er lang um Akzeptanz kämpfen.

Die „Böses Blut“-Graphic Novel schrieb und zeichnete Rob Liefeld (Mitbegründer der Image-Studios, „X-Force“, „Youngblood“, „Brigade“) laut Vorwort schon vor einiger Zeit und erhielt nun die Gelegenheit, sie zu publizieren und so der Persönlichkeit von Deadpool weitere Facetten hinzuzufügen, denn die Story führt zurück in dessen Jugend und beleuchtet mehr oder minder intensiv seine Beziehungen zu Domino, Thumper und einigen anderen; Beziehungen, die auch immer im Zusammenhang mit dem zu sehen sind, was Department H und sonstige Organisationen ihnen allen angetan haben.

Die Geschichte ist komplex, da zwischen Vergangenheit und Gegenwart ständig gewechselt wird und vieles nicht so ist, wie es im ersten Moment erscheint. Es gibt Missverständnisse, die manchmal nur auf zu wenig Kommunikation beruhen, und selbst wenn alles geregelt scheint, ist immer noch nicht sicher, ob man den oder die anderen als Freund oder Feind einstufen kann. So widersprüchlich Deadpools Charakter aufgebaut ist, genauso unberechenbar sind seine Kameraden und Widersacher, was einen großen Reiz der Geschichten ausmacht. Man weiß nie, was als Nächstes kommt.

Die Illustrationen von Rob Liefeld sind gewohnt kantig, kräftig und dynamisch, wirken aber etwas weicher und weniger übertrieben als früher, als um 1990, als er zu den damaligen Stars des Comic-Business zählte (zusammen mit Kollegen wie Jim Lee, Todd McFarlane, Marc Silvestri und anderen deren Namen auch heute noch Gewicht haben). Nach wie vor wartet er mit martialischen Kämpfern auf, die ein hohes Aggressionspotential und ‚dicke Wummen‘ besitzen sowie attraktive und nicht minder wehrhafte Frauen an ihrer Seite haben. Die Panels sind so gestaltet, dass der Blick wie von einer Kamera geführt und ganz auf die schnellen Handlungsabläufe und Auseinandersetzungen gelenkt wird, bei denen detaillierte Hintergründe eher stören.

Rob Liefelds Stil mag etwas gewöhnungsbedürftig sein, weil seine Figuren nie so realistisch-idealistisch aussahen/aussehen wie die von einigen seiner Kollegen (Michael Turner, Alan Davis, David Finch etc.), aber er versteht sein Handwerk und kann sehr abwechslungsreiche, dynamische Szenen erschaffen. Gleichzeitig vermag er als Autor, seinen Figuren Individualität zu verleihen und sogar die Anti-Typen dem Leser nahezubringen.

Es tut einfach gut, wieder etwas von diesem eigenwilligen Künstler zu lesen!