The Coldest City (Comic)

Anthony Johnston
The Coldest City
(The Coldest City, 2012)
Übersetzung: Sarah Weissbeck
Titelbild und Zeichnungen von Sam Hart
Cross Cult, 2017, Hardcover, 176 Seiten, 25,00 EUR, ISBN 978-3-95981-405-7

Rezension von Christel Scheja

Antony Johnston dürfte den meisten Lesern von Marvel-Superhelden bekannt sein, schuf und prägte er doch Figuren wie Wolverine und Daredevil und arbeitete mit Zeichner-Legenden wie Alan Moore zusammen. Zusammen mit dem britischstämmigen Künstler Sam Hart schuf er nun die Graphic Novel „The Coldest City“, die zur Vorlage für den bald  in den Kinos anlaufenden Agenten-Thriller „Atomic Blonde“ wurde.

 

Glasnost und Perestroika, die Revolution in Polen und der neue Kurs von Präsident Gorbatschow haben den Eisernen Vorhang bröckeln lassen. Auch die Deutsche Demokratische Republik steht kurz vor dem Zusammenbruch. Doch während die Mauer fällt, Ost und West im November 1989 zusammenkommen, herrscht zwischen den Geheimdiensten der Machtblöcke immer noch Krieg.

Lorraine Broughton ist eine erfahrene Agentin des MI6. Obwohl sie kein Deutsch spricht, wird sie nun in die noch immer geteilte Stadt geschickt, um bei den offenen Grenzen nachzuforschen, warum überraschend einer der britischen Undercover-Agenten in Ost-Berlin ermordet wurde. Dabei muss sie feststellen, dass sie kaum Unterstützung und Hilfe hat, denn hinter dem Mord steckt weitaus mehr als es scheint. Schlüsselfigur scheint der amerikanische CIA-Agent David Perceval zu sein, der sich allerdings als ziemlicher Frauenhasser erweist und ihr jegliche Befähigung abspricht.


Johnston und Hart haben eine klassische Agenten-Geschichte gestrickt und ihr gleich auch noch die passende Atmosphäre verpasst, denn „The Coldest City“ ist auf harte Schwarz-Weiß-Kontraste reduziert, um die düstere Atmosphäre zu verdeutlichen durch die sich die Agentin bewegt.

Nüchtern gesehen sticht sie mit ihren Recherchen in ein Wespennest, ein Lügengebilde aus Intrigen, das in den Jahren des Kalten Krieges von den in Berlin stationierten Agenten gesponnen wurde. Und nach und nach wird klar, dass der ermordete Kollege vermutlich etwas oder jemanden gefunden hat, der ihm die Entdeckung übel gekommen hat. Besonders der Amerikaner wird dabei zu einer zentralen Figur.

Doch was ist Wahrheit, was Lüge? Gekonnt spielt der Autor mit der Frage und führt den Leser immer wieder auf falsche Spuren. Gleichzeitig erinnert er an das beklemmende Szenario des Kalten Krieges, das auch im Jahr 1989 noch präsent ist, wenn auch nicht mehr so sehr wie in den Jahren zuvor.

Vielleicht mögen die Versatzstücke, die in der Handlung aufgearbeitet werden, nicht neu sein, aber sie wurden interessant angeordnet und funktionieren immer noch, gerade weil vor allem die Hauptfigur undurchsichtig bleibt. Sie ist nämlich wie alle anderen auch eine Agentin durch und durch, die in den Schatten spielt und genau zu wissen scheint, was sie will. Die Spannung wird dadurch gesteigert - auch der Abschluss der Story ist bezeichnend.

Agenten und Spione in den Zeiten des Kalten Krieges - wenn auch an dessen Ende -, das Szenario wurde in „The Coldest City“ ebenso packend wie böse umgesetzt und weiß bis zum Ende gut zu unterhalten, gerade weil die Atmosphäre durch die klaren Zeichnungen noch vertieft wird.