Nnedi Okorafor: Wer fürchtet den Tod (Buch)

Nnedi Okorafor
Wer fürchtet den Tod
(Who fears Death, 2014)
Übersetzung: Claudia Kern
Titelbild: Greg Ruth
Cross Cult, 2017,Taschenbuch, 512 Seiten, 18.00 EUR, ISBN 978-3-95981-186-8 (auch als eBook erhältlich)

Rezension von Christel Scheja

Der Tod ihres Vaters und ein Artikel über Vergewaltigungen, die im Sudan als Waffe eingesetzt werde, inspirierten Nnedi Okrafor zu ihrem neuen Roman „Wer fürchtet den Tod“, der zwar in einem postapokalyptischen Afrika spielt, aber wesentlich mehr Fantasy-Elemente hat, geht es doch auch und vor allem um Zauberei.

 

Schon lange werden die dunkelhäutigen Okeke von den helleren Nuru unterdrückt, die in ihnen nur Sklaven und mindere Geschöpfe sehen, die wie Dreck behandelt werden können. Besonders gerne schlachten sie die Männer und Kinder ab, vergewaltigen dann die Frauen, um mit diesen Kinder zu zeugen.

Einer dieser Mischlinge ist Onyesonwu, deren Name „Wer fürchtet den Tod“ bedeutet. Anders als viele ihrer Schicksalsgefährtinnen ist ihre Mutter nicht daran zerbrochen, sondern scheinbar noch stärker geworden. Auch wenn sie nichts sagt und tut, ihre Tochter nach den Sitten erzieht, steht sie ihr doch nicht im Weg.

Als „Ewu“ hat es Onyesonwu zunächst nicht leicht, aber sie wächst an der Ablehnung, weil sie einen starken Willen hat. Irgendwann beginnen die Menschen sie auch zu fürchten, denn sie scheint besondere Kräfte zu besitzen, so wie der Mann, der sie zeugte. Doch gerade das stachelt das Mädchen, dasssich eine Initiation und Ausbildung ertrotzt, dazu, sich schließlich auf eine lange Reise voller Gefahren und Magie zu begeben. Denn sie will nichts weniger, als ihren leiblichen Vater - den mächtigen und grausamen Daib - stellen und bestrafen.


Nnedi Okrafor mag vielleicht in der westlichen Kultur aufgewachsen und von ihr geprägt worden sein, aber ihre Eltern haben offensichtlich auch dafür gesorgt, dass sie ihre Wurzeln nicht vergisst und versteht. Das merkt man auch ihren Romanen an, schafft sie es doch, beides wunderbar miteinander zu vereinen und so auch denen, die nichts von der nigerianischen Glaubens- und Denkungsart wissen, nahe zu bringen.

Allerdings sollte man keine Action erwarten, denn die Reise der Heldin ist doch eher eine im Inneren. Onyesonwu lernt sich selbst zu verstehen, die Geheimnisse aufzudecken, die sie umgeben und nach und nach damit umzugehen. Durch die äußeren Ereignisse reift sie nur noch schneller zu der heran, die sie werden muss. Es ist zwar nicht so, dass nichts passiert, aber die teilweise sehr brutalen Einwirkungen auf die Heldinnen und ihre Freunde wirken durch die poetische Sprache eher fern und unwirklich. Das kann man auch zum Hintergrund sagen, denn im Grunde erfährt man nur das für die Handlung Wesentliche - und das ist nicht gerade viel. Die Umgebung bleibt schwammig; gerade Westlern fällt es schwer, sich Land und Leute genauer vorzustellen.

Daher bleiben die äußeren Bilder der Figuren eher diffus, mehr noch als die Charaktere, die auch nur wesentliche Eigenschaften erhalten. Der Roman lebt letztendlich von der poetischen Sprache, den vielen Umschreibungen, die die Magie deutlich spürbar machen. Kraftvolle, manchmal fast psychedelische Bilder fluten auf einen ein, auch wenn man die Helden selbst kaum im Kopf hat. Aber die Themen, die die Autorin damit anspricht, bleiben im Kopf und regen zum Nachdenken an. Allerdings muss man sich entsprechend darauf einlassen können, sonst ist man schnell von dem doch eher profan erscheinenden Geschehen enttäuscht - die wahre Spannung entsteht nämlich erst, wenn man zwischen den Zeilen liest.

„Wer fürchtet den Tod“ ist eine interessante Geschichte, die sich irgendwo zwischen psychedelischer Science Fiction und Fantasy bewegt, vor einem Hintergrund, der an sich schon exotisch genug ist, um in den Bann zu schlagen. Das Buch punktet letztendlich nicht durch Action und Drama, wohl aber durch eine sehr intensive Sprache und eigenwillige Bilder, die noch lange im Kopf nachwirken, vor allem wenn man hintergründige Geschichten mag und sich auf diese einlassen kann.