Alexey Pehov: Goldenes Feuer - Chroniken der Seelenfänger 3 (Buch)

Alexey Pehov
Goldenes Feuer
Chroniken der Seelenfänger 3
(AL´FA-KNIGA)
Übersetzung: Christiane Pöhlmann
Titelbild: Stephanie Gauger
Piper, 2017, Paperback mit Klappenbroschur, 544 Seiten, 16,99 EUR, ISBN 978-3-492-70399-4 (auch als eBook erhältlich)

Rezension von Carsten Kuhr

Ludwig von Normayenn hatte es wahrlich nicht leicht im Leben. Als Kind musste er mitansehen, wie seine Eltern umgebracht wurden, dann kam er ins Waisenhaus bevor ihn die Bruderschaft der Seelenfänger aufnahm, ausbildete und in die Welt entsandte, um ruhelose Seelen zu erlösen und in die nächste Welt weiterzuschicken. Dass die Erlösung der bösen Seelen den Seelenfängern zusätzliche Lebenszeit bringt ist der Bonus; die Gefahr, die von den Seelen (aber auch anderen Anderswesen, die sich unseren Kämpen in den Weg stellen) ausgehen, die schlechte Seite des Berufs.

Zusammen mit Apostel, dem unsubstanziellen Überbleibsel eines Pfarrers, und Scheuch, einem Animatus, wandert Ludwig durch seine Welt, versuche Gutes zur tun und den Bösewichtern, und von denen gibt es mehr als genug, eins auf die Nase zu geben.

Dabei sucht er nicht nur das Schicksal alter, verschollener Kameraden aufzuklären, sondern auch dem Rätsel um merkwürdige Dolche auf den Grund zu gehen. Immer von der Inquisition - aber auch dem Orden - misstrauisch beäugt, weiß er seit Kurzem, dass es neben den Dolchen der Seelenfänger (mit denen diese die ruhelosen Widergänger erlösen) auch andere Messer gibt, mit denen man aus jedem noch so gottesfürchtigen Menschen eine dunkle Seele machen kann. Das Motiv ist klar: Erst wird ein Unschuldiger gemeuchelt, zur dunklen Seele, diese dann erlöst und der Täter hat wieder ein paar Jahre Lebenszeit eingeheimst.

Wer aber steckt hinter den gefährlichen Dolchen, wer alles weiß von den Taten? Bei seinen Nachforschungen stößt Ludwig nicht nur auf alte Freunde, sondern auch auf eine Mär die davon berichtet, dass man mit zehn dieser dunklen Dolche das Tor zur Hölle öffnen kann - wer aber sollte dies wollen? Weder der Adel noch der Klerus dürfte ein Interesse daran haben, den Dämonen den Weg in die Königreiche zu ebnen…


Der Autor versetzt uns in eine Welt, die gerade das Schießpulver und die Vorderlader erfunden hat. Die allmächtige Kirche herrscht in mehr oder minder vorhandener Eintracht mit dem örtlichen Adel, die Reiche bekriegen einander, Bündnisse werden geschmiedet und verraten - insoweit also ein zwar nicht oft genutztes, aber doch bekanntes Umfeld.

Ungewohnt dann, dass Pehov in diese Welt Geister Verstorbener, Hexen, Dämonen aus der Hölle und Naturgeister gesetzt hat. So manche der Wesen haben sich mit der Kirche arrangiert, die einen immerwährenden Kampf gegen die Anderswelter führt. Geister aber können nur speziell begabte Menschen sehen und erlösen. Hier nutzt alles Lernen, alle Gläubigkeit nichts; wenn man die Gabe nicht in sich trägt, wird man die auf Erden verbliebenen unruhigen Geister nicht sehen und sich ihrer nicht erwehren können. Über die Jahrhunderte hat es immer nur wenige Begabte gegeben, die ihrer Berufung mit Eifer aber auch Verantwortung nachkommen.

Wie in den ersten beiden Teilen der Saga erwartet den Leser auch dieses Mal kein durchgängiger Roman mit einem straffen Handlungsbogen, sondern eine Aneinanderreihung von zunächst nur lose miteinander verbundenen Novellen. Erst in der Rückschau wird deutlich, dass und wie die einzelnen Geschichten miteinander zusammenhängen, wie ein zunächst wohl verborgener roten Faden diese miteinander verknüpft und damit eine größere Geschichte erzählt.

Das hat zunächst den Nachteil, dass wir unserem kauzigen Erzähler etwas zögerlich in seine Erlebnisse folgen. Zwar bieten sich diese durchaus abwechslungsreich und spannend an, doch der Lesefluss stockt doch immer wieder, wenn es gilt, sich auf neue Handelnde, Gegenden und Motive einzustellen. Der Vorteil dieser etwas gewöhnungsbedürftigen Erzählweise liegt auf der Hand: Pehov gelingt es mühelos, uns seine Welt in vielen ganz unterschiedlichen Facetten vorzustellen. Dass er diese sehr nahe an unser geschichtliches, dem Mittelalter entnommenen Europa angesiedelt hat, macht uns die Bühne zunächst ein wenig bekannt, betont dann aber auch die Unterschiede. Besonders die Beschreibungen der Anderswesen, der Heimsuchungen durch Geister, Zauberer und Dämonen fügen dieser Welt eine faszinierende Facette hinzu.

Dabei geht es in Pehovs Werken immer sehr realistisch zu. Seine Protagonisten frieren, wandern im Matsch und Kälte, sind schlecht gelaunt und oft mürrisch. Das macht sie als Gestalten so greifbar und überzeugend. Das Tempo zieht, bedingt durch den sich immer deutlicher abzeichnenden roten Faden, immer mehr an, so dass ich ungeduldige auf das Erscheinen des abschließenden vierten Teils warte.