Okko 3: Das Buch der Luft (Comic)

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Okko 3
Das Buch der Luft
Storyboard: Emmanuel Michalak
Übersetzung: Martin Budde und Harald Sachse
(Okko - Le cycle de l‘air I + II, 2009/2010)
Carlsen, 2011, Album, 96 Seiten, 19,90 EUR, ISBN 978-3-551-76797-4

Von Irene Salzmann

Der Ronin Okko und seine Kameraden, der maskierte Noburo, der zauberkundige Mönch Noshin und sein Schüler Tikku, streifen zu Beginn des 12. Jahrhunderts während der Asagiri-Ära durch Pajan, um Dämonen zu jagen.

 

Lady Mayudama bittet Okko um Hilfe, weil ihre Tochter Kibyou jegliche Lebensfreude verloren hat und sterben wird, da keiner der Ärzte etwas gegen ihr Leiden zu unternehmen wusste. Okko erkennt sogleich, dass ein Dämon für den Zustand der jungen Frau verantwortlich ist, und lässt Noshin sein Werk tun. Kibyou wird befreit und erholt sich schnell.

Unverhofft taucht der berühmte Dämonenjäger und Trophäensammler Kubban Kiritsu auf, der das Halbblut Noburo töten will, um dessen Maske seiner Sammlung hinzuzufügen. Um seinen Freund zu retten, der in einem Gasthaus zurückgeblieben ist, lässt sich Okko auf einen Kampf mit Kubban ein und wird tödlich verwundet. Auch Noshin wird überwältigt, und Lady Mayudama hat nicht die Macht, etwas für ihre Gäste zu tun.

Unterdessen macht sich Noburo, der spürt, dass etwas Schlimmes geschehen ist, auf den Weg…


Wie schon die beiden vorherigen Bände bietet auch das dritte Softcover-Album, das die französischen Teile 5 und 6 beinhaltet, ein in sich abgeschlossenes Abenteuer.

Titelfigur Okko und seine Gefährten gelingt es, eine junge Adlige von einem unheilvollen Bann zu befreien. Dann jedoch werden die Dämonenjäger selbst zu Gejagten, weil sie einen der ihren nicht einem mächtigen Kollegen ausliefern wollen.

Nach dem Duell wird Okko sterbend zurückgelassen, und Noshin, der von den Windgeistern im Stich gelassen wird, endet als Gefangener von Kubban Kiritsu.
Es scheint, als wäre das eigentlich anvisierte Opfer, Noburo, die letzte Hoffnung der kleinen Gruppe. Doch es gibt eine Überraschung, die einem Wunder gleicht und nicht erklärt wird. Ermöglicht wird sie durch eine Nebensächlichkeit, die wie nachträglich eingefügt wirkt und dem unverhofften Helfer kein Glück bringt. Hinzu kommt ein Mittel, das gegen den Feind eingesetzt werden kann und den Kreis zum Beginn der Geschichte schließt, wobei Tikku ins Spiel gebracht wird, sodass letztendlich jeder seinen Nutzen für die Gruppe beweisen konnte.

Dass Okko sich gegen Kubban nicht durchsetzen konnte und als tot zurückgelassen wird, ist schon starker Tobak und etwas, womit der Leser gewiss nicht gerechnet hat. Da die Serie weiterläuft, verrät man nichts Wesentliches, wenn man anmerkt, dass er trotz schlimmster Wunden überlebt und sogar rechtzeitig wieder auf den Beinen ist, als sich Noburo seinem Herausforderer stellt. Dass nicht erklärt wird, wie Okko dem Tod ein Schnippchen schlägt, und er seinem Retter auch noch durch ein tödlich endendes Duell dankt, sind die größten Schwachpunkte der Handlung.

Letzteres mag man noch verstehen, wenn man das japanische Ehrgefühl der Samurai zugrunde legt. Aber das Überleben einer tödlichen Wunde?! Zumindest ist Okko fortan gezeichnet, was zum Handicap werden dürfte bei weiteren Missionen, die gewiss nicht einfacher verlaufen werden.

Während Okko den stolzen Samurai beziehungsweise Ronin verkörpert, sind seine Begleiter sehr individuell mit dem einen oder anderen Makel oder Laster ausgestattet. Noburo, ein Halbdämon, legt niemals seine Maske ab, achtet auf Omen und begibt sich doch in Gefahr, wenn seine Kameraden in Gefahr sind. Noshin spricht gern dem Wein zu, aber er kneift nie, wenn seine magischen Gaben benötigt werden und er für ihren Einsatz Opfer bringen muss. Tikku ist der mutige und gewitzte Schüler Noshins, der dann mit einer Idee aufwartet, wenn alles schon verloren scheint.

„Okko“ hat das mittelalterliche Japan zum Vorbild, wie unschwer zu erkennen ist, angereichert durch lebendige Mythen und Magie. Die Handlung weist zwar einige Schwächen auf, ist aber von der Atmosphäre her sehr gut gelungen und spannend.

Die Illustrationen sind Geschmackssache, denn die Figuren werden überzeichnet dargestellt. Recht schön sind die Landschaftsabbildungen und auch der Detail-Reichtum der meisten Panels.

„Okko“ wendet sich an Comic-Leser, die das Fantasy-Genre schätzen und Storys mögen, die in Japan spielen, ohne dass sie dafür zum Manga greifen müssen. So weit entfernt ist die Reihe allerdings nicht vom - westlichen - Manga, da sich viele typische Elemente finden und die Grenzen fließend sind. Eigentlich Zeit, Vorurteile abzubauen und auch mal dem Manga oder Comic, je nachdem, was man sonst üblicherweise bevorzugt, eine Chance zu geben, nicht?