Richelle Mead: Sturmtochter – Dark Swan 1 (Buch)

Richelle Mead
Sturmtochter
Dark Swan 1
(Storm Born)
Aus dem amerikanischen Englisch übersetzt von Frank Böhmert
Titelillustration von Shutterstock
Lyx, 2010, Paperback mit Klappenbroschur, 366 Seiten, 12,95 EUR, ISBN 978-3-8025-8211-0

Carsten Kuhr

Nach der auch bei uns sehr erfolgreich gestarteten „Vampire Academy“-Reihe präsentiert der Verlag uns nun eine zweite Urban-Fantasy-Reihe aus dem Hause Richelle Mead.

Im ersten Teil ihrer neuen Serie stellt sie uns eine etwas andere Hauptperson vor. Eugenie Markham verdient sich ihr Geld mit dem Austreiben von Geistern. Ihr Stiefvater hat sie jahrelang als Schamanin ausgebildet, nun ist es ihr Job in Phoenix, Arizona, dafür zu sorgen, dass heimgesuchte Gegenstände und Menschen wie du und ich ihre ungebetenen Besucher loswerden. Meist lässt sie Gnade vor Recht ergehen und versetzt die Geister nur in die Anderswelt, wenn ihr aber einer gar zu nervig kommt, ist auch das Jenseits, das Totenreich, als letzte Stätte im Bereich des Möglichen.

Eigentlich überschreitet Eugenie die Grenze zum Heim der Feen nie in Persona. Doch als sie eines Tages den Auftrag bekommt, ein unschuldiges Mädchen, das von einem der Elfenlords entführt wurde, zu retten, kann sie nicht ablehnen. Kaum im Elfenreich angekommen, und mit ihre drei dienstbare Geister, die auf dieser Seite plötzlich eine feste Gestalt haben, beginnt das Unheil seinen Lauf zu nehmen. Unsere Rettungstruppe wird überfallen und an den Hof König Dorian verschleppt. Dorian zeigt unserer charmanten Heldin in der Folgezeit nicht nur die Feinheiten des Bondage auf, nein, er erweitert ihren Horizont auch in anderer Richtung.

Schon seit einiger Zeit kommt es ihr Spanisch vor, dass scheinbar alle Feen ihren wahren Namen kennen, und sie sexuell anmachen. Da hat es ihr noch besser gefallen, als die Feen sie nur umbringen wollten. Des Rätsels Lösung ist so einfach, wie unglaublich. Es geht um eine (natürlich alte) Prophezeiung, nach der der erstgeborene Sohn der Tochter des Feenkönigs dereinst sowohl über die Anderweit, als auch über die Welt der Menschen herrschen wird – und nun raten Sie mal, wer wohl die Halbtochter genau dieses Feenkönigs ist?

Dass noch ein Kitsume, ein Fuchsdämon, für zusätzliche emotionale Verwirrung sorgt. sei nur am Rande erwähnt ...

Feen und die Anderswelt, aus dem irischen Sagen- und Mythenschatz stammend, sind zwar nicht im gleichen Maße angesagt, wie die Vampire, Gestaltwandler oder Dämonen, dennoch trifft der Leser phantastischer Stoffe immer wieder auf Reminiszenzen zur irischen Sagenwelt. Mir persönlich sagen derartige Stoffe nicht ganz so zu, dennoch habe ich mir, ausgehend von den letzten, inhaltlich überzeugenden Romanen der Autorin, den Auftaktband ihrer neuen Reihe zu Gemüte geführt.

Im direkten Vergleich zu der Vampire Academy fällt zunächst auf, dass der Text eine andere Qualität aufweist, als die doch eher auf ein Teenager-Publikum schielenden „Academy“-Romane. Es geht deutlich actionreicher zu, auch die Darstellung der sexuellen Begegnungen der Protagonisten geht weit mehr ins Detail, ja schildert Spielarten, die in der Schwesterserie nicht denkbar wären.

Eugenie ist eine Frau, die nicht nur weiß was sie will, sondern die es auch gewohnt ist, mit Gefahr und Tod umzugehen. Innerlich gestählt, aber auch vereinsamt, geht sie ganz in ihrer gefährlichen Arbeit auf. Im Verlauf der abwechslungsreichen Handlung lernt sie dann nicht nur die Welt ihres Vaters kennen, sondern erfährt auch Neuigkeiten, die sie nicht eben entzücken.

Das liest sich kurzweilig, das bietet spritzige Unterhaltung, wobei die emotionalen Verwicklungen und Verwerfungen wesentlicher Bestandteil der Handlung sind.

Als interessanteste Figur habe ich, dies aber nicht nur wegen seinen S/M-Praktiken, den Feenkönig Dorian ausgemacht. Sieht der Leser diesen zu Beginn als typisches Feenwesen, eingebildet und despotisch, so bekommt er im Verlauf der Handlung immer deutlichere Konturen und Tiefe. Vor meinen Augen nahm dabei eine Persönlichkeit Gestalt an, die zwar typisch feenhaft verdorben und lasziv wirkte, dazu aber auch sehr sympathische Züge aufwies. Fast ebenso interessant wurde im weiteren Verlauf des Buches der Kitsume.

In diesem Dreiecksspiel aus Zuneigung, Konkurrenz, Wissen und Unterstützung galoppierte die Handlung voran, bot überraschende Wendungen und Ansätze für die weiteren Bände zuhauf. Insgesamt also ein gelungener Auftakt, der Interesse weckt, wie es weitergehen wird.