Sophus Michaelis: Das Himmelsschiff (Buch)

Sophus Michaelis
Das Himmelsschiff
Verlag Dieter von Reeken, 2017, Paperback mit Klappenbroschur, 194 Seiten, 17,50 EUR, ISBN 978-3-945807-10-1

Rezension von Carsten Kuhr

Bereits 1918 lief der Stummfilm-Streifen „Himmelskribet“ auch in Deutschland unter dem Titel „Das Himmelsschiff“. In dem abendfüllenden Stummfilm wird über eine Mars-Expedition berichtet, an der ganz unterschiedliche Männer teilnehmen. Die Romanfassung, die 1921 publiziert wurde, unterschied sich in vielen Teilen vom Film. Drehbuchautor Sophus Michaelis nutzte die sich ihm offerierende Chance und fügte der Raumfahrt und der Mars-Exploration auch ganz andere, ungewöhnliche Töne bei.

 

Dreh- und Angelpunkt der Erzählung ist der Römer Ercole Sabene. In den Schützengräben des Ersten Weltkriegs hat er das Feld der Ehre kennen und fürchten gelernt, ist einerseits glühender Patriot, der seiner Nation mit der Waffe in der Hand zu alter Glorie verhelfen will, dann wieder Pazifist, der den Wahnsinn der Krieges verteufelt.
Als eine Giftgasgranate in seinem Schützengraben landet ist es aus mit ihm. Er sinkt in die grünen, tödlichen Schwaden, wacht dann in einem Raum mit violetter, indirekter Beleuchtung und ohne Fester wieder auf.

Zunächst leugnet er die Behauptung der Besatzungsmitglieder, an Bord eines Gefährts zu sein, das dem Mars entgegenfällt. Seine Kameraden, allesamt vom Krieg geprägte Männer unterschiedlichster, verfeindeter Nationen, vereint der Glaube, dass es außerhalb der Erde das geben könnte, nach dem sie alles sich sehnen: Frieden.

Auf dem Mars angekommen stoßen sie auf eine kulturell weit überlegene Rasse. Diese hat sowohl den Krieg überwunden wie auch das geschriebene Wort, ernährt sich ausschließlich von Früchten und hat ein ganz eigenes Rechtssystem aufgebaut - Sühne statt Bestrafung. Avanti verliebt sich in die Tochter des Weisheitsfürsten und nimmt sie mit zurück auf die Erde…

 

Für die damalige Zeit, einer Ära, die geprägt war von den Schrecken des Ersten Weltkriegs, weist die Romanversion revolutionäre Denkansätze auf. Vegetarismus, friedliche Co-Existenz der ehedem verfeindeten Nationen, eine gemeinsame Expedition zum Mars, die Ablehnung des Kriegs als Mittel zur Sicherung und Ausdehnung der nationalen Grenzen - das liest sich höchst aktuell und, auch wenn sprachlich etwas antiquiert, durchaus reizvoll.

Natürlich trifft man auf dem Mars auf eine menschliche Rasse, die auf Dinosaurier-ähnlichen Flugtieren reitet, ihre Prachtbauten haben Pyramidenform - Edgar Rice Burroughs könnte sich durch den Film für seine Mars-Romane durchaus inspiriert haben lassen.

Man merkt dem Text das Alter an, der Verfasser konzentriert sich im Wesentlichen darauf, seine Beschreibung einer idealen Zivilisation, einer Welt ohne Krieg, Neid und Missgunst auszugestalten: dies liest sich aber erstaunlich flüssig und auch spannend. Zwar gibt es keine wirklichen Action-Szenen, stattdessen nutzt der Autor den Platz, uns seine Sichtweise der menschlichen Fehler angesichts der Gegenüberstellung mit den Marsianern vor Augen zu führen.

So ist dies ein Zeitzeugnis, das nach wie vor aktuelle Bezüge aufweist, zeitlose Denkanstöße vermittelt und zu unterhalten weiß.